Noch 48 Stunden, dann wird die Welt etwas anders aussehen. Was in den kommenden zwei Tagen geschehen wird, dürfte Folgen haben. Für die globalen Märkte – und damit auch für unser Geld. Für die deutsche Politik, die womöglich vor einer nie da gewesenen Herausforderung steht. Europa könnte sein Gesicht verändern und eine Weltmacht könnte pleitegehen.

Der Brexit beginnt

Alle reden seit Juni 2016 vom Brexit, doch in Wahrheit gibt es ihn noch gar nicht. Es gibt lediglich den per Referendum festgestellten Willen des Volkes, dass die Briten die Europäische Union verlassen sollen. Der offizielle Antrag für den Austritt des Landes aus der EU nach Artikel 50 ist noch nicht gestellt. Doch jetzt wird es ernst. Jetzt geht es los. Vor wenigen Stunden hat das britische Parlament das Brexit-Gesetz verabschiedet, mit dem die Regierung den Austritt aus der Europäischen Union einleiten kann. Nachdem die britische Königin Elizabeth II. das Gesetz abgenickt hat, kann Regierungschefin Theresa May den Austrittsantrag beim EU-Rat einreichen. Die meisten Experten gehen davon aus, dass May dies nicht kurz vor den Holland-Wahlen offiziell die Scheidungsverhandlungen startet, sondern erst Ende März.

Quelle: Infografik Die Welt

„Jetzt kommt der harte Teil“, sagt James McCormack von der Ratingagentur Fitch. Die Briten seien in einer schwierigen Situation. „Sie haben weder in der Hand, was verhandelt wird, noch in welcher Reihenfolge.“ Eine große Unbekannte sei auch die Austrittsrechnung, die Europa den Briten präsentieren werde.

Schon heute sind die Schulden ein Problem für die Insel. Der Staat sowie die privaten Haushalte leben über ihre Verhältnisse. Die öffentliche Schuldenquote liegt bei rund 90 Prozent der Wirtschaftsleistung. Auch die privaten Haushalte haben drückende Verbindlichkeiten. Das hat dazu geführt, dass in der Leistungsbilanz des Landes eine Lücke von rund fünf Prozent der Wirtschaftsleistung klafft. Diese muss durch ausländisches Kapital gefüllt werden. Sollten die Kapitalgeber das Vertrauen verlieren, droht eine Finanzkrise wie in den 70er-Jahren, als der Internationale Währungsfonds einspringen musste. Es wird also viel davon abhängen, wie die Investoren auf den Brexit-Antrag reagieren. Die Deutsche Bank rechnet beispielsweise damit, dass nach dem Scheidungsantrag das Pfund rund sechs Prozent abrutschen könnte.

Instabile Niederlande

Die Abstimmung in den Niederlanden ist der Auftakt zum europäischen Superwahljahr. Das Ergebnis bestimmt sozusagen den Ton für die kommenden Wochen und Monate. Lag der amtierende Regierungschef Mark Rutte zuletzt wieder leicht vorn, profitiert der Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner PVV jetzt vom offenen Streit mit der Türkei.

Quelle: Infografik Die Welt

Und auch wenn ein Wahlsieger Wilders letztlich keine Chance auf eine Regierungsmehrheit haben dürfte: In der EU fürchtet man den Dominoeffekt. Gewinnt der Populist die meisten Stimmen in einem Land, welches zu den Gründungsmitgliedern der EU zählt, macht er den rechten Rand endgültig salonfähig. Die Vorstellung, dass Marine Le Pen französische Präsidentin werden könnte, dürfte dann noch weniger Menschen abschrecken.

Ganz abgesehen von Wilders, ist die politische Situation in den Niederlanden auch ohne ihn instabil. Die drei führenden Parteien kommen nach den jüngsten Umfragen zusammen gerade mal auf 40 Prozent, bei der Wahl vor vier Jahren waren es noch gut 60. Für eine neue Regierung wären demnach mindestens vier Parteien nötig. Während die Niederlande über Jahre als Garant für Stabilität galt, hat sich das geändert. Das offenbart der sogenannte Nexit-Index des Analysehauses Sentix. Demzufolge taxieren Investoren die Wahrscheinlichkeit für ein Ausscheren der Niederlande aus dem Euro auf nunmehr 3,6 Prozent. Das liegt deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von unter einem Prozent.

Fluch der Fed

Am Mittwochabend, um 19 Uhr deutscher Zeit, wird Janet Yellen etwas tun, was der Welt nicht gefallen kann – die Zinsen anheben. Denn der Schmierstoff der globalen Ökonomie ist billiges Geld. Wenn die wichtigste Notenbank der Welt den Preis für die wichtigste Währung der Welt erhöht, sind Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen.

Quelle: Infografik Die Welt

Die Finanzmärkte nennen es den Fluch der Fed, und sie meinen damit, dass noch jedem Börsencrash Zinserhöhungen vorausgegangen sind. 1974, 1987, 2000 oder 2008 – immer wenn die US-Notenbank die Sätze erhöht hat, kam es früher oder später zu einem heftigen Ausverkauf. Die Gefahr ist heute besonders hoch. Vor allem der US-Markt kennt seit der Finanzkrise praktisch nur noch steigende Kurse.

Die Investoren wiegen sich in einer trügerischen Sicherheit. Der Angstindex Vix notiert in der Nähe seiner Mehrjahrestiefstände. Da kann es schnell zu Enttäuschungen kommen, insbesondere für den Fall, dass die US-Notenbank mehr als drei weitere Anhebungen in diesem Jahr signalisiert.

Quelle: Infografik Die Welt

Denn damit könnten auch die politischen Pläne von Präsident Donald Trump torpediert werden, auf denen ein wesentlicher Teil der Börsenhausse basiert. Das billionenschwere Konjunkturprogramm, das vor allem auf Pump finanziert werden soll, lässt sich nur mit billigem Geld realisieren.

Schuldenverbot in Amerika

Eigentlich dürfte Trump ab Donnerstag ohnehin keinen einzigen Cent neue Schulden mehr machen. Am Mittwoch läuft eine wichtige Frist ab. Dann gilt wieder die offizielle Schuldengrenze, und die liegt aktuell bei gut 18 Billionen Dollar. Zwar beträgt das aktuelle Defizit fast 20 Billionen Dollar. Allerdings wurde die Schuldengrenze im Oktober 2015 ausgesetzt – bis eben zum besagten 15. März 2017.

Quelle: Infografik Die Welt

Ab Donnerstag darf das US-Finanzministerium keine neuen Anleihen mehr verkaufen, sprich, die Regierung muss mit dem Geld aus den laufenden Einnahmen auskommen. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Limit nicht rechtzeitig angehoben wird. Die Schuldengrenze beziehungsweise deren Anhebung ist stets ein Politikum. In der Vergangenheit musste sogar die Regierung schließen, weil sie die Angestellten nicht mehr bezahlen konnte.

Zwar ist es noch nie so weit gekommen, dass die Amerikaner ihre Schulden nicht mehr rechtzeitig bedienen konnten, sprich bankrott gingen. Allerdings eskalierte der Streit über das Limit im Sommer 2011 derart, dass die Ratingagentur S&P den Amerikanern ihr Spitzenrating entzog. Der Kongress erhöhte das Schuldenlimit im August, zwei Tage bevor dem Finanzministerium endgültig das Geld ausging, um die Verbindlichkeiten zu erfüllen.

https://www.welt.de/wirtschaft/article162820568/Wie-die-naechsten-48-Stunden-die-Welt-veraendern-koennen.html