Im Streit um die richtige Flüchtlingspolitik kritisiert CDU-Generalsekretär Peter Tauber die Vorstöße des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz. „Der entscheidende Unterschied ist: Angela Merkel hat Verantwortung nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa. Sebastian Kurz hat es hingegen leicht, einfach etwas zu fordern. Aber was hätte er denn gesagt, wenn wir unsere Grenze wirklich geschlossen und Österreich im Stich gelassen hätten?“, sagte Tauber der „Welt“.
Sebastian Kurz gehört der konservativen ÖVP an, einer Schwesterpartei der CDU. Er hatte im vergangenen Jahr für eine Abkehr von der Politik der „offenen Grenzen“ geworben und maßgeblich die Schließung der Balkanroute betrieben. Am Freitag hatte der Außenminister die Flüchtlingspolitik von CDU-Chefin Merkel im „Münchner Merkur“ erneut attackiert.
Unter anderem forderte er, man müsse, „wenn man wie Deutschland eine starke Führungsrolle in der EU hat, sensibel damit umgehen“. Die große Herausforderung sei, eine EU zu werden, „wo es keine Mitglieder zweiter Klasse mehr gibt, so wie in der Flüchtlingsfrage, wo es die vermeintlich moralisch Überlegenen und die moralisch Unterlegenen gegeben hat“.
Im Leitantrag für den in der kommenden Woche beginnenden Bundesparteitag erkennt die CDU erst mal die von Kurz maßgeblich betriebene Schließung der Balkanroute als „Erfolg“ an. Dennoch besteht Tauber darauf, Angela Merkels Politik der offenen Grenzen sei richtig gewesen, weil sie die „Stabilität des Balkans“ gesichert habe.
„Was wäre denn passiert, wenn wir tatsächlich die Grenze geschlossen und die Länder des Balkans mit den vielen Flüchtlingen alleingelassen hätten?“, sagte der Generalsekretär. „Das mag ich mir gar nicht ausmalen. Diese Länder wären nicht stabil und stark genug gewesen, um dies zu meistern. Gesellschaftliche Konflikte können sich schnell zuspitzen, es hätte zu Gewalt kommen können.“
Die ÖVP entsendet traditionell einen Besucher zu CDU-Parteitagen. Ob auch in diesem Jahr jemand kommt, steht noch nicht fest.
Tauber für Abschiebung auch von Krankgeschriebenen
Beim Thema Abschiebungen schwenkt Tauber auf eine harte Linie ein. „Wir wollen weiterhin ein Land sein, in dem verfolgte Menschen Zuflucht finden. Aber eben nur, wer wirklich verfolgt ist“, sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber der „Welt“. Er schloss sich damit der umstrittenen Forderung von CDU-Vize Thomas Strobl an, abgelehnte afghanische Asylbewerber nicht länger in Deutschland zu dulden, sondern in ihr Heimatland abzuschieben.
„In Afghanistan gibt es Regionen, in denen man sicher leben kann. Menschen, die nach einem rechtsstaatlichen Verfahren keinen Anspruch auf Asyl haben, dorthin zurückzubringen, halte ich für legitim“, sagte Tauber. „Die afghanische Regierung ist international anerkannt, wir arbeiten mit ihr zusammen, und sie hat den Anspruch, die Sicherheit ihrer Bürger zu gewährleisten.“
Abschiebungen nach Syrien schließt Tauber hingegen aus: „In Syrien werden Andersdenkende durch den Staat verfolgt.“ Machthaber Baschar al-Assad „würde sicherlich keinen mit offenen Armen empfangen, der vor ihm geflohen ist und von uns zurückgeschickt wird“.
Auch Krankheit soll nach dem Willen des CDU-Generalsekretärs künftig nicht mehr in jedem Fall vor einer Abschiebung schützen: „Jemand, der lebensbedrohlich krank ist, wird selbstverständlich nicht abgeschoben. Aber es gibt einen Missbrauch mit Krankschreibungen, auf den Thomas Strobl zu Recht hingewiesen hat. Und darüber müssen wir natürlich reden.“
Lesen Sie hier das vollständige Interview mit CDU-Generalsekretär Peter Tauber (nur für Abonnenten).
https://www.welt.de/politik/deutschland/article159941710/CDU-General-weist-Oesterreichs-Kritik-an-Merkel-zurueck.html