Manche werden gehofft haben, das Geschäft könnte doch noch platzen. Doch nun verkauft Europas größter Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus knapp 75 Prozent seines Rüstungselektronikgeschäftes an den US-Finanzinvestor KKR.

Die Trennung von der Sparte mit rund einer Milliarde Umsatz und 4000 Beschäftigten an KKR wurde zwar schon vor knapp einem Jahr verkündet. Allerdings gab es in der Branche und auch bei Airbus intern kritische Stimmen. Die Frage stand im Raum, warum ein Konzern vor dem Hintergrund wieder steigender Rüstungsausgaben aus einem Zukunftsfeld der Militärtechnik mehrheitlich aussteigt. Zumal eben dieser Bereich zuvor auch durch Übernahmen ausgebaut worden war. Der Schritt kam vielen wie eine Kehrtwende vor.

Die grundsätzliche Entscheidung war bereits im Herbst 2014 gefallen, doch die Wahl zugunsten des US-Investors KKR wurde erst 2016 getroffen. Auch der Bund gab grünes Licht für den Schritt, der Militärsensor-Know-how in US-Hände übergibt.

Die Sparte ist mehr als eine Milliarde Euro wert

Airbus-Chef Tom Enders steht nach wie vor zu dem Schritt, wie er jüngst im Umfeld der Jahres-Pressekonferenz erklärte. „In unserem Kerngeschäft möchten wir an erster oder zweiter Stelle stehen.“ Um diese Position in der Verteidigungselektronik einzunehmen, „hätten wir zu große Investitionen in Zukunft tätigen müssen. An dieser Überzeugung hat sich nichts geändert“, erklärte er auf Anfrage. Wie viel Geld der Schritt Airbus einbringt, ist nicht bekannt. Die Aktivitäten werden mit 1,1 Milliarden Euro bewertet.

Airbus fordert Kulanz der Kunden

Das Transportflugzeug der Bundeswehr, A400M, bereitet Airbus weiter Probleme. Der Konzern fordert von seinen Kunden, Zahlungen nicht einzustellen – sie seien schließlich auch Schuld.

Quelle: N24

Der Rüstungsanteil am Airbus-Gesamtumsatz von 67 Milliarden Euro war im vergangenen Jahr bereits von 20 auf 18 Prozent zurückgegangen, weil sich Airbus schon von anderen Rüstungsaktivitäten getrennt hatte. Das einstige Ziel eines Rüstungsanteils von 50 Prozent hat man längst beerdigt.

Die jetzt an KKR verkauften Aktivitäten firmieren künftig als Hensoldt, benannt nach einem deutschen Pionier der Optik. Formal entsteht damit ein neuer großer Rüstungskonzern in Deutschland. Von den 4000 Beschäftigten sind etwa 3400 in Deutschland tätig, vor allem in Ulm und Oberkochen. Zur breiten Produktpalette gehören Radare, optische Militärausrüstung, Sensoren für die Aufklärung und Überwachung oder die Drohnenabwehr.

Hensoldt will auf Expansionskurs gehen

Für den US-Finanzinvestor KKR ist die neue Beteiligung ein weiterer Zukauf in Deutschland. Weltweit sollen in diesem Jahr zehn Milliarden Dollar in Übernahmen investiert werden. Erst jüngst stieg KKR beim Marktforschungsunternehmen GfK ein. Branchenkenner erwarten, dass KKR die Rüstungsfirma Hensoldt eines Tages an die Börse bringen wird. Dies wäre ein ähnliches Vorgehen wie vor gut zehn Jahren beim Triebwerkshersteller MTU Aero Engines.

Hensoldt-Chef Thomas Müller hatte schon vor Monaten von der Hoffnung auf eine deutliche Umsatzbelebung gesprochen, weil weltweit wieder mehr in Sicherheit investiert wird. Wie es jetzt zum Verkauf heißt, soll „binnen fünf Jahren der Umsatz auf zwei Milliarden Euro verdoppelt werden“.

Offensichtlich will Hensoldt mit dem neuen Haupteigentümer auf Expansionskurs gehen. „Unsere Vision ist es, einen unabhängigen europäischen Marktführer in der Verteidigungselektronik mit globaler Reichweite zu schaffen“, erklärte Konzernchef Müller. Gemeinsam mit KKR soll „durch Investitionen in Innovationen und Übernahmen ein europäisches Topunternehmen“ aufgebaut werden. Das Produktprogramm soll komplettiert, die Präsenz in einzelnen Ländern ausgebaut und der Zugang zu neuen Verteidigungsprogrammen geschaffen werden, heißt es erklärend.

Hensoldt sei ideal positioniert, „um den europäischen Verteidigungselektronikmarkt zu konsolidieren“. Der Mehrheitseigner stehe Übernahmen positiv gegenüber. Vom Umsatz entfällt derzeit ein Drittel auf Deutschland und 27 Prozent auf das restliche Europa. KKR könne durch sein Netzwerk auch das Neugeschäft in den USA ankurbeln, lautet die Vision von Müller. Beispielsweise lieferte die Sparte die Sehrohre (Optronik-Masten) für amerikanische Atom-U-Boote.

https://www.welt.de/wirtschaft/article162470765/Airbus-verkauft-Ruestungselektronik-an-US-Investor.html