Der Syrer al-Bakr soll einen Bombenanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant haben. Nun wurde er tot in seiner Zelle gefunden – trotz strenger Überwachung. Zuvor machte er noch eine Aussage.
Der Tod des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in der Justizvollzugsanstalt Leipzig wirft Fragen auf. Wie konnte es passieren, dass ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter es schafft, sich in Untersuchungshaft selbst zu töten? Nach dem fehlgeschlagenen Festnahmeversuch am Samstag in Chemnitz stehen die sächsischen Sicherheitsbehörden in der Kritik – wieder einmal.
Das Suizid-Risiko seines Mandanten sei bekannt gewesen, sagt der Dresdner Pflichtverteidiger des Syrers, Alexander Hübner, im N24-Interview. Sein Mandant habe in der Zelle bereits Lampen zerschlagen und an Steckdosen manipuliert. Das spreche für sich.
Unter welchen Umständen es dem offenbar streng bewachten al-Bakr gelingen konnte, sich das Leben zu nehmen, teilten die Behörden zunächst nicht mit. Das sächsische Justizministerium bestätigte lediglich den Suizid und verwies auf eine für Donnerstag um 11.00 Uhr in Dresden angesetzte Pressekonferenz. Die Bundesanwaltschaft wollte sich zunächst nicht äußern. Nach Informationen vonMDR Aktuell soll sich der Syrer mit seinem T-Shirt stranguliert haben.
Seinem Anwalt lagen die Akten noch nicht vor
Noch kurz vor der Todesmeldung war bekanntgeworden, dass der 22-Jährige seine syrischen Landsleute, die ihn in der Nacht zum Montag überwältigt und der Polizei übergeben hatten, schwer belastet habe. Sie seien keine Helden, sondern Mitwisser, soll er nach Angaben von Ermittlern in den Vernehmungen gesagt haben. Sein Anwalt konnte dies weder dementieren noch bestätigen. Bei der polizeilichen Vernehmung sei er nicht anwesend gewesen, sagte er im Interview. Die Akten hätten ihm noch nicht vorgelegen.
Inwieweit die Anschuldigung ernst zu nehmen ist, blieb bislang unklar. Aus Karlsruhe, wo die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen führt, gab es dazu keine Antwort. Auch nicht auf die Frage, ob die auch von Politikern bereits gefeierten und für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagenen Syrer mittlerweile nicht mehr nur als Zeugen, sondern womöglich als Verdächtige behandelt würden. Festnahmen habe es keine gegeben, sagt ein Sprecher lediglich.
Verfahren wird trotz Al-Bakrs Tod fortgeführt
Mit dem Tod al-Bakrs geht dem Generalbundesanwalt bei den Terror-Ermittlungen der Hauptbeschuldigte verloren. Gegen Tote kann nicht ermittelt werden. Das Verfahren geht dennoch weiter. Denn der Mieter der Chemnitzer Wohnung, in der al-Bakr seine Anschlagsvorbereitungen laut Verfassungsschutz getroffen haben soll und in der die Polizei am Samstag 1,5 Kilogramm des hochgefährlichen Sprengstoffs TATP gefunden hatte, sitzt als mutmaßlicher Komplize nach wie vor in U-Haft.
Al-Bakr war am Montagmorgen, nach einer mehrtägigen bundesweiten Fahndung, in Leipzig festgenommen worden. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatte der anerkannte Flüchtling einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant und bereits weitestgehend vorbereitet. Der Anschlag wäre binnen Tagen möglich gewesen, sagte Behördenpräsident Hans-Georg Maaßen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Anfang 2015 war er als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Nach Recherchen des MDR war er zwischenzeitlich wieder in Syrien. Das habe die Familie des 22-Jährigen mitgeteilt, berichtete das Magazin „Exakt“.
Mitbewohner aus dem nordsächsischen Eilenburg hätten ebenfalls von seinem Aufenthalt in Idlib berichtet. Sie hätten den 22-Jährigen aber nicht als besonders religiös beschreiben. Nach seiner Rückkehr soll er sich jedoch verändert haben. Nach Informationen der „Welt“ wirft auch eine mehrwöchige Türkei-Reise fragen auf.
Laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wurde al-Bakr 2015 von den Sicherheitsbehörden überprüft. „Allerdings ohne Treffer. Es steht ja auch noch gar nicht fest, wann es dort zu einer Radikalisierung gekommen ist“, sagte er am Mittwoch in Berlin.