Die Staatsanwaltschaft hat im Prozess um den Tod des verprügelten Schülers Niklas im Kernvorwurf überraschend einen Freispruch gefordert. Es sei nicht zweifelsfrei sicher, dass der 21 Jahre alte Angeklagte das Opfer angegriffen habe, sagte der Staatsanwalt beim Bonner Landgericht. „Wir haben alles versucht.“ Es komme auch ein anderer Mann als Täter in Betracht.
Der 17 Jahre alte Niklas war im Mai 2016 im Bonner Stadtteil Bad Godesberg auf offener Straße mit einem Schlag gegen den Kopf niedergestreckt worden. Anschließend wurde ihm gegen den Kopf getreten. Er starb wenige Tage später im Krankenhaus.
Ein Gutachten ergab, dass die Gefäße in seinem Gehirn vorgeschädigt waren und schon ein nicht allzu wuchtiger Schlag ausreichte, um seinen Tod herbeizuführen. Die Staatsanwaltschaft rückte daraufhin vom Vorwurf des Totschlags gegen den Hauptverdächtigen ab. Der Haftbefehl wurde auf Körperverletzung mit Todesfolge abgeändert.
Angeklagter bestreitet Tat
Der 21-jährige Angeklagte bestreitet vehement, für den Tod von Niklas verantwortlich zu sein. Er sei überhaupt nicht am Tatort gewesen, ließ er während des Verfahrens über seinen Verteidiger erklären. Sein Anwalt zeigte sich überzeugt, dass von Zeugen vielfach nicht die Wahrheit gesagt wurde.
Allerdings forderte die Staatsanwaltschaft am Dienstag wegen einer anderen, mitangeklagten Tat zwölf Monate Jugendstrafe auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung. Der 21-Jährige hatte die Beteiligung an einer Schlägerei wenige Tage vor dem Angriff auf Niklas bereits eingeräumt.
Der seit Ende Januar laufende Niklas-Prozess gestaltete sich schwierig. Viele Zeugen sprachen von verschwommenen Erinnerungen. Lediglich ein Freund von Niklas will den Angeklagten eindeutig als Täter wiedererkannt haben.
Kurz vor dem Abschluss der Beweisaufnahme brachte eine überraschend einbestellte Zeugin zudem zusätzliche Verwirrung in das Verfahren: Die 19-Jährige beschuldigte einen anderen Mann und berief sich auf einen Bekannten, der angeblich alles gesehen habe, das aus Angst vor dem wahren Täter aber nicht sage. Weil der Bekannte der Frau bei seiner Version blieb, nichts gesehen zu haben, leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Falschaussage gegen die 19-Jährige ein.