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Telefonpionier Siemens kappt das Festnetz im Büro

Früher war Siemens stolz auf das Telefongeschäft – nun will der Konzern, dass seine Mitarbeiter auf das Festnetz-Gerät im Büro verzichten. Sie sollen lieber mobil telefonieren. Was steckt dahinter?

Es gab Zeiten, da war Siemens auf sein Telefongeschäft sehr stolz. Firmengründer Werner von Siemens fing vor fast 140 Jahren nach dem Telegraphenbau mit der Produktion von Telefonen an. Einst gehörte Siemens international zu den größten Telekommunikationskonzernen.

Ausgerechnet der Telefonpionier stellt nach Recherchen der „Welt” jetzt seine Beschäftigten vor die Wahl, ob sie nicht ihren Festnetz-Anschluss in der Firma abschalten wollen. Wer sowohl ein Firmenhandy oder Smartphone und zusätzlich ein Festnetztelefon am Arbeitsplatz hat, soll entscheiden, ob er nicht auf das stationäre Telefon verzichten kann.

Ein paar Mausklicks am Bildschirm genügen dann, um das Ende des Kabel-Telefons zu besiegeln. Das angelaufene Projekt mit dem Namen „One Phone” soll nicht nur in Deutschland, sondern auch international umgesetzt werden, erklärt ein Sprecher. Inzwischen ist die Umstellung auch in den USA angelaufen.

Umstellung ist freiwillig

Offensichtlich ist Siemens der erste Großkonzern in Deutschland, der bei seinen Beschäftigten den Einsatz von Handys anstelle des Festnetz-Telefons am Arbeitsplatz favorisiert. „Wir wollen mobiles und flexibles Arbeiten ermöglichen”, heißt es zur Erklärung.

Mobile Erreichbarkeit gehöre zur modernen Arbeitswelt. Immerhin hätten bei Siemens allein in Deutschland von den 114.000 Beschäftigten rund 50.000 sowohl ein Firmenhandy als auch einen Festnetzanschluss. Sie könnten also womöglich auf das stationäre Telefon verzichten.

Die Umstellung sei freiwillig. Es gebe auch festgelegte Ausnahmefälle und Anwendergruppen, wo das Festnetz unverändert bleibe, etwa einige Sekretariate.

Offen wird eingeräumt, dass die Suche nach verzichtbaren Telefonen auf dem Schreibtisch auch die Kosten senken soll. Das Projekt habe „ein gewisses Einsparpotenzial” heißt es.

Jeder Fünfte will auf Festnetz verzichten

Details werden nicht genannt, aber angeblich haben sich bislang etwa 20 Prozent der Beschäftigten in Deutschland für einen Verzicht des stationären Apparats entschieden, weil sie komplett auf mobil umschwenken. Allein daraus lassen sich jährlich mehrere Millionen sparen.

Der Gesamtbetriebsrat wurde bei dem Projekt eingebunden, aber es gibt auch Sorgen. Führungskräfte sollten keinesfalls erwarten, dass die Beschäftigten künftig rund um die Uhr erreichbar sind, da sie ihr Bürotelefon auch zu Hause dabei haben, sagt Betriebsrat Christian Pfeiffer aus Erlangen, wo im Vorfeld der Umstellung ein Pilotprojekt lief.

Diese Bedenken seien nicht zutreffend, erklärt ein Siemens-Sprecher, weil wie bisher die gesetzlichen Arbeitszeiten eingehalten würden. Womöglich rufen aber nicht die Vorgesetzten, sondern Kollegen oder Geschäftspartner außerhalb der Arbeitszeit an, wenn nur noch die Mobilnummer auf der Visitenkarte steht, heißt es bei Branchenkennern. Jedes Handy habe aber auch einen Aus-Knopf.

Siemensianer können zwischen Marken wählen

Zu den Besonderheiten der jetzt eingeleiteten Siemens-Telefonstrategie gehört, dass der deutsche Konzern vom Handy-Bekenntnis auf der Produktseite selbst nicht mehr profitiert. Die Siemens-Beschäftigten können im Katalog aus Marken wieApple, Samsung oder Blackberry auswählen.

Handys mit der Marke Siemens gibt es seit rund zehn Jahren nicht mehr. Der deutsche Elektrokonzern stieg 1985 mit dem Mobiltelefon C1 ins Handygeschäft ein, war anfangs ein Vorreiter im Markt und gehörte einst weltweit zu den fünf größten Firmen.

Dann verpasste Siemens aber wichtige Markttrends. Handys wurden zum Problemgeschäft. Mitte 2005 verkündete der damalige Siemens-Chef Klaus Kleinfeld dann den Verkauf der Handysparte an das taiwanesische Unternehmen BenQ. Im Herbst 2006 meldete BenQ Mobile Insolvenz an, Tausende Arbeitsplätze gingen verloren.

Siemens folgt mit seinem Schwenk zum Mobiltelefon einem Trend, der sich auch im Privatbereich abzeichnet. Die Zahl der Festnetztelefone in Deutschland wächst nicht mehr, während die Zahl der Mobiltelefone und Smartphones mit Internetzugang kontinuierlich steigt. So hat die Deutsche Telekom inzwischen in Deutschland mit gut 40 Millionen Mobilfunk-Kunden doppelt so viele Nutzer wie Festnetz-Anschlüsse.

http://www.welt.de/wirtschaft/article155304993/Telefonpionier-Siemens-kappt-das-Festnetz-im-Buero.html

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