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Neues Ungemach für Lastwagenbauer

Rund 3 Mrd. € müssen Daimler, Volvo, Iveco und DAF an Bussen bezahlen, weil sie vierzehn Jahre lang ein Kartell bildeten. Nun drohen auch noch deutlich höhere Forderungen von geschädigten Kunden.

Neues Ungemach für Lastwagenbauer
Die Lastwagen-Absprachen könnte die betroffenen Firmen mehr kosten als nur die Rekordbusse der EU-Kommission. (Bild: Julien Warnand / Keystone)

Die Krise um das Lastwagen-Kartell dürfte für die betroffenen Firmen Daimler, Volvo, Volkswagen, Iveco und Paccar mit der Rekordbusse der EU-Kommission noch nicht ausgestanden sein. Die Prozessfinanzierungsgesellschaft Claims Funding Europe hat angekündigt, eine Schadenersatzklage im Namen der geprellten Kunden einzureichen. Auch die deutsche Kanzlei Hausfeld hat derartige Pläne. Sie beziffert die mögliche Schadenssumme von 9 Mio. betroffenen Fahrzeugen auf bis zu 108 Mrd. €. Die EU-Kommission hatte in ihrer Mitteilung deutlich auf die Möglichkeit von solchen Klagen hingewiesen. 2016 tritt nämlich eine EU-Richtlinie in Kraft, die die Durchsetzung der Ansprüche von Kartell-Opfern vereinfachen soll.

Rolle der Chefs unter der Lupe

Bei Daimler, dem grössten Lastwagenhersteller der Welt, hat der Vorstand derweil untersuchen lassen, ob er eine Schadenersatzklage gegen die eigene Geschäftsleitung aus der betroffenen Zeit von 1997 bis 2011 anstrengen sollte. Eine Anwaltskanzlei wurde mit einem Gutachten zu dieser Frage beauftragt. Interessiert haben dürfte etwa die Rollen von Andreas Renschler. Er war von 2004 bis 2013 Chef der Lastwagensparte. Auch Dieter Zetsche, heutiger Daimler-Chef, stand im Jahr 1999 an der Spitze des Truck-Segments. Man entschied sich schliesslich aber gegen eine Klage. Einzelne Mitarbeiter, die sich nicht korrekt verhalten hatten, wurden aber entweder versetzt, nicht befördert oder verloren ihre Stelle.

Bei MAN wiederum blieb bereits nach einem Korruptionsskandal 2009 kein Stein mehr auf dem anderen, und der Geschäftsführer musste damals die Firma verlassen. Die Selbstanzeige bei der EU-Kommission, dank der MAN ohne Busse aus dem jüngsten Verfahren kommt, dürfte seinen Ursprung in dieser Krise haben. MAN und Daimler betonen, dass inzwischen Compliance-Systeme implementiert worden sind, die etwa durch Schulungen der Mitarbeiter künftig solchen Verstössen vorbeugen sollen.

Selbstfahrende Lastwagen

Die Firmen möchten sich nun schnell wieder auf das Geschäft fokussieren. Dieses folgt einer anderen Logik als etwa der Bereich Personenwagen. Die Verkäufe von Lastwagen bewegen sich vereinfacht gesagt parallel zum Wirtschaftswachstum und sind deshalb stark zyklisch. Weltweit wurden 2014 rund 2,7 Mio. Lastwagen ausgeliefert, davon 1 Mio. in China, knapp 400 000 in den USA und 300 000 in Europa. Im Reich der Mitte ist der Preiskampf wegen Überkapazitäten und zunehmender lokaler Konkurrenz besonders erbittert. Die europäischen Hersteller sehen hier ihre Chance in der Verschiebung der Nachfrage von günstigeren Modellen hin zu Fahrzeugen aus höheren Preissegmenten. Allgemein steigen die Ansprüche der Kundschaft in den Schwellenländern. Dazu kommt, dass die auch ausserhalb Europas zunehmend strengen Abgas- und Umweltvorschriften die Kosten steigen lassen. Die strenge Regulierung in Europa ist auch eine Markteintrittsbarriere für Firmen mit technologischem Rückstand wie Tata aus Indien und Dongfeng aus China (vgl. Grafik).

Um in diesem Umfeld zu bestehen, versuchen die Hersteller vermehrt, wie beim Autobau einzelne Teile wie Motoren und Getriebe in Lastwagen verschiedener Marken einzusetzen, um Kosten zu sparen. Dazu wird an selbstfahrenden und vernetzten Lastwagen geforscht und an Geschäftsmodellen, bei denen pro gefahrenen Kilometer bezahlt wird. Ferner wird das Unterhaltsgeschäft wichtiger, da sich mit diesem die zyklischen Verwerfungen ausgleichen und attraktive Margen erwirtschaften lassen.

Busse belastet Daimler

ra. Frankfurt ⋅ Der deutsche Auto- und Lastwagenkonzern Daimler hat im zweiten Quartal deutlich mehr Fahrzeuge verkauft als vor einem Jahr. Er konnte das gute Umfeld aber nicht in bessere Finanzzahlen ummünzen. Der Konzern setzte von April bis Juni 761 300 Personenwagen und Nutzfahrzeuge ab, was einem Plus von 7% gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Auch im ersten Semester insgesamt verkaufte Daimler 7% mehr als im Vorjahr. Die operative Marge sank dennoch von 10,5% auf 6,4%. Das Ziel der Stuttgarter Firma ist ein Wert von 10%.

Ins Kontor schlugen Rückstellungen im Zusammenhang mit fehlerhaften Airbags des Zulieferers Takata über insgesamt rund 500 Mio. € sowie Aufwendungen für die von der EU-Kommission verhängte Kartellbusse über 400 Mio. € (vgl. Text oben). Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) sank aufgrund der zahlreichen Sonderfaktoren um 12% auf knapp 3,3 Mrd. €. Bereinigt um die Sondereinflüsse stieg der Ebit dagegen um 6% auf knapp 4 Mrd. €. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 2,45 Mrd. € (+3%). Das Personenwagen-Geschäft profitierte von starken Verkäufen in China (Ebit: –1%), während die Einheit Lastwagen (–8%) unter den flauen Märkten in den USA, Brasilien und Indonesien litt. Hervorragend rentierten die Sparten Transporter (+94%) und Busse (+56%).

http://www.nzz.ch/wirtschaft/unternehmen/daimler-volvo-volkswagen-und-co-drohen-schadenersatzklagen-neues-ungemach-fuer-lastwagenbauer-ld.106969

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