Die USA haben jedes Recht, ausländischen Extremisten und Terroristen den Zugang ins Land zu verwehren, und wenn die von Donald Trump am Freitagabend angekündigte „extreme Überprüfung“ von Flüchtlingen dabei helfen kann, möchte man ausrufen: nur zu.

Ist also die neueste Executive Order des US-Präsidenten vom Freitag rundum zu begrüßen? Zumal Trump darin betont, dass Flüchtlinge, die in ihrer Heimat „als Angehörige einer religiösen Minderheit Verfolgung ausgesetzt“ sind, künftig bevorzugt aufgenommen werden sollen?

Wer das Papier genauer liest, wird feststellen, dass es hier nicht um ein Rettungsprogramm für Christen oder Juden oder Jesiden in islamischen Ländern geht, sondern um das Verrammeln aller Brücken zu den Vereinigten Staaten. Im Absatz 5 d wird das Kontingent von bislang jährlich rund 100.000 aufzunehmenden Flüchtlingen für das Jahr 2017 auf 50.000 halbiert, weil eine höhere Zahl „den Interessen der Vereinigten Staaten abträglich wäre“.

Das Nachsehen haben damit auch jene Minderheiten, die angeblich prioritär behandelt werden sollen.

Eine öffentliche Datei soll angelegt werden

Der Erlass unter dem Titel „Schutz der Nation von der Einreise ausländischer Terroristen in die Vereinigten Staaten“ suspendiert die Aufnahme von Flüchtlingen in die USA für 120 Tage. Bis dahin soll das angekündigte verbesserte Überprüfungsverfahren samt biometrischer Erfassung und Nachverfolgung von Ein- und Ausreisen der Antragsteller funktionieren.

Für 90 Tage dürfen Menschen aus Syrien, dem Irak, Iran, Jemen, Somalia, Libyen und Sudan nicht eingelassen werden. „Ich erkläre hiermit, dass die Einreise von syrischen Staatsangehörigen als Flüchtlinge den Interessen der Vereinigten Staaten schadet und setze darum derartige Einreisen aus“, heißt es ausdrücklich.

Das Heimatschutz-Ministerium soll zudem eine transparente, für die Öffentlichkeit einsehbare Datei anlegen, in der Ausländer gelistet werden, die in terroristische oder Terrorismus-nahe Aktivitäten  verstrickt sind.

Trumps Erlass stellt entgegen dem Vorwurf der demokratischen Senatorin Elizabeth Warren kein pauschales Einreiseverbot für Muslime dar. Denn bevölkerungsreiche muslimische Länder wie Indonesien, Bangladesch oder Pakistan sind von den Regelungen nicht betroffen.

Trump versucht sich gar nicht erst an Differenzierung

Doch Trump hatte ein solches umfassenden Einreiseverbot im Wahlkampf gefordert. Darum dürfte der Erlass in vielen Teilen der Welt als erster Schritt zum Bann für alle Muslime verstanden – und von den IS-Milizen umgehend so erklärt werden. Das macht es für den Präsidenten noch viel schwieriger, seine Ankündigung umzusetzen, die muslimischen Länder in der Region zu einem entschiedeneren Beitrag beim gemeinsamen Kampf gegen die Dschihadisten in Syrien und Irak zu bewegen. Trump provoziert jene Muslime, die er im Nahen und Mittleren Osten auf Amerikas Seite ziehen will.

Als George W. Bush nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 seinen „Krieg gegen den Terror“ startete, besuchte er zuvor eine Moschee und versicherte, die bevorstehende Militäraktionen richteten sich gegen islamistische Terroristen, keinesfalls aber gegen die muslimische Welt insgesamt. Trump bemüht sich um derartige Differenzierungen nicht – mutmaßlich entsprechen sie auch nicht seinem Denken.

Übrigens sorgte eine Passage der Verfügung vorübergehend für Verunsicherung in Europa: CNN meldete zunächst, das Visa Waiver Programm, mit dem Menschen aus 38 hauptsächlich europäischen Ländern, darunter Deutschland, ohne Visum in die USA reisen dürfen, sei von Trump beendet worden. Tatsächlich wird aber im Absatz 8 das „Visa Interview Waiver Program“ suspendiert.

Es erlaubt US-Besuchern aus Visa-pflichtigen Staaten, ein erneutes Visum online zu beantragen. Der Erlass von Trump zwingt sie nun, auch für einen Wiederholungsantrag persönlich bei einem US-Konsulat vorzusprechen und sich einer Prozedur wie beim ersten Visum zu stellen. Für Reisende beispielsweise aus Deutschland ändert sich hingegen nichts. Vielleicht muss man in diesen bewegten Zeiten sagen: zunächst nichts.

https://www.welt.de/politik/ausland/article161602867/Ist-diese-Order-ein-erster-Schritt-zum-Bann-aller-Muslime.html