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Juncker stellt sich in Türkeifrage gegen EU-Parlament

Der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, hat sich gegen eine Aussetzung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ausgesprochen. „Ich halte es im Gegensatz zum EU-Parlament nicht für richtig, die Beitrittsgespräche mit der Türkei einzufrieren“, sagte er der „Welt am Sonntag“.

„Es lohnt sich vor allem wegen der Menschen, mit dem Land im Gespräch zu bleiben. Wir sollten daran arbeiten, dass sich die Türkei wieder auf die Europäische Union zubewegt und sich nicht mit Riesenschritten noch weiter entfernt.“ Gleichwohl arbeite die Kommissionsbehörde derzeit nicht an der Eröffnung neuer Verhandlungskapitel, sagte Juncker.

Nach Massenverhaftungen Zehntausender angeblicher Regierungsgegner in der Türkei – darunter Abgeordnete und Journalisten – hatte das Europaparlament für eine Aussetzung der Gespräche votiert. In Deutschland setzt sich insbesondere die CSU dafür ein, die Verhandlungen, die seit 2005 andauern, auszusetzen. Auch Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Vorgehen der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegen die Opposition seit dem Putschversuch im Juli.

„Schuld an Visa-Verzögerung hat Ankara“

Kurz zuvor hatte die EU unter Führung der Bundesregierung ein Abkommen mit der Türkei geschlossen, das die Rückführung illegaler Flüchtlinge im Austausch für Visa-Erleichterungen für türkische Staatsbürger vorsieht.

Die Umsetzung der Vereinbarung stockt aber, unter anderem weil die EU-Staaten sich bislang weigern, die Visa-Regeln wie geplant zu lockern. Dafür müsse die Türkei wie vereinbart ihre Anti-Terror-Gesetzgebung rechtsstaatlichen Anforderungen anpassen, argumentieren die Europäer.

Regierungspartei forciert Pläne für Präsidialsystem

Der Übergang zu einem präsidentiellen Regierungssystem in der Türkei nimmt Form an. Die Opposition stellt sich dagegen, weil die Reform Präsident Erdogan ihrer Ansicht nach zu viel Macht geben würde.

Quelle: Die Welt

Kommissionspräsident Juncker macht Ankara für die Verzögerungen verantwortlich: „Wenn die Türkei nicht bereit ist, die Bedingungen für eine Visa-Liberalisierung vollständig zu erfüllen und damit auch die Anti-Terror-Gesetze zu ändern, dann ist es einzig und allein die Schuld der türkischen Regierung und des türkischen Präsidenten, dass ihre Bürger sich noch nicht frei in Europa bewegen können. Das müssen wir den Menschen in der Türkei erklären.“

Erdogan will seine Macht ausbauen

Unterdessen treibt Erdogan eine Verfassungsänderung voran, die seine Machtbefugnisse erheblich erweitern würde, aber von einem großen Teil der Bevölkerung abgelehnt wird. Am Samstag wurde der Entwurf für die Verfassungsänderung zur Einführung eines Präsidialsystems ins türkische Parlament eingebracht.

Damit soll ein Großteil der derzeit beim Regierungschef liegenden Kompetenzen auf den Staatschef übertragen werden. Allerdings kommt Erdogans Regierungspartei AKP selbst mit ihren Verbündeten im Parlament nicht auf die nötige Zweidrittelmehrheit, um die Reform direkt zu verabschieden.

Im vergangenen Jahr hatte Erdogan den Wahlkampf vor allem mit der Forderung nach der Verfassungsänderung und einer dafür nötigen Mehrheit geführt, war aber deutlich hinter diesem Ziel zurückgeblieben.

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