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„Den Brexit können sich die Briten gar nicht leisten“

Die Briten wollen den Brexit, US-Präsident Donald Trump macht gegen den Freihandel mobil, und Italien wird immer mehr zum neuen, großen Sorgenkind Europas – es gibt wahrlich genug wirtschaftliche Herausforderungen für die Europäische Union.

Aber ausgerechnet jene, die sich bislang am klarsten abzeichnete, der in einer Volksabstimmung beschlossene Ausstieg aus der EU, macht dem Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, derzeit am wenigsten Sorgen. Die Chancen stünden gut, dass es am Ende doch noch einen Exit aus dem Brexit gibt, die Briten am Ende doch in der EU bleiben, sagte er.

„Ich schätze die Wahrscheinlichkeit, dass der Brexit letztlich nicht vollzogen wird, auf ein Drittel“, erklärte Hüther in Berlin. „Die Entscheidung, die Europäische Union zu verlassen, ging an allen Parlamenten vorbei. Und wenn die Abgeordneten erst mal realisieren, welche negativen Auswirkungen ein Ausscheiden hat, könnte es dort bei einer Abstimmung zu einem Votum gegen den Brexit kommen.“

Parlament muss dem Brexit zustimmen

Zeitgleich zu Hüthers Aussagen verhandelte in London der Oberste Gerichtshof darüber, ob das Parlament dem Brexit überhaupt zustimmen muss. Experten rechnen damit, dass der Gerichtshof die Entscheidung des Londoner High Court von Anfang November bestätigen wird, wonach die Aktivierung des Artikels 50 des EU-Vertrags zum Austritt aus der Europäischen Union der Zustimmung des Parlaments bedarf.

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Premierministerin Theresa May hatte angekündigt, beide Parlamentskammern über das Verhandlungsergebnis abstimmen zu lassen. Wenn es so weit sei, würden die negativen Folgen eines EU-Austritts klar auf dem Tisch liegen.

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft

Quelle: dpa

Den Briten drohe nach einem EU-Austritt längerfristig ein Wohlstandsverlust von zehn Prozent oder mehr, glaubt Hüther. Zwar sei die Entscheidung zum EU-Austritt nicht nur von wirtschaftlichen Erwartungen, sondern auch von Emotionen bestimmt gewesen.

„Aber Gefühle und Stimmungen verschwinden. Irgendwann wird klar, was man alles einbüßt. Zum Beispiel, dass die polnischen Handwerker besser arbeiten als die britischen“, so Hüther. Britische Medien hätten zwar überwiegend negativ über die EU berichtet. Aber auf Dauer helfe „Folklore“ nicht, so Hüther, um die wirtschaftlichen Nachteile eines Austritts zu kaschieren.

Briten droht ein gewaltiger Wohlstandsverlust

Den Regierungen der EU-Mitgliedsländer, Wirtschaftsvertretern und Unternehmen rät der IW-Chef, gegenüber den Brexit-Befürwortern wie auch gegenüber US-Präsident Donald Trump hart zu bleiben. Auch wenn der Brexit an der deutschen Wirtschaft nicht spurlos vorbeigehen werde, sei der Zusammenhalt der EU wichtiger als mögliche faule Kompromisse zur Sicherung deutscher Exporte.

Quelle: Infografik Die Welt

Deutsche Unternehmen würden eine Austritt der Briten ohnehin gelassen sehen. „Nur zwei bis vier Prozent der von uns befragten Unternehmen erwarten deutlich negative Wirkungen auf Investitionen und Beschäftigung als Folge des Brexit – vernachlässigenswert wenige“, sagte Hüther. Das IW hatte zuvor 2900 deutschen Unternehmen befragt. Der Brexit werde den Briten mehr schaden als der deutschen Wirtschaft und dem Rest der EU, sagte der IW-Chef.

22 Prozent der befragten deutschen Firmen erwarteten durch den Brexit leichte und zwei Prozent sogar große Vorteile für ihre Geschäftstätigkeit durch Umlenkungseffekte. Den Briten drohe dagegen längerfristig ein Wohlstandsverlust von zehn Prozent oder mehr. „In London wird es Zeit, Illusionen abzulegen“, sagte der IW-Chef.

Die Drohung der britischen Regierung mit einem alternativen Wirtschaftsmodell ziehe ebenfalls nicht: „Auch ein Niedrigsteuerland lebt letztlich von einer überzeugenden Wirtschaftsstruktur.“ Die britische Regierung will bis Ende März den formellen Antrag zum EU-Austritt stellen, die anschließenden Verhandlungen dürften sich rund zwei Jahre hinziehen.

https://www.welt.de/wirtschaft/article161448832/Den-Brexit-koennen-sich-die-Briten-gar-nicht-leisten.html

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