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Das Märchen von der wachsenden Ungleichheit

Die zunehmende Ungleichheit avanciert zum Wahlkampfthema in Deutschland. Jetzt zeigen Ökonomen, dass die Einkommen gar nicht so ungerecht verteilt sind wie gedacht. Als Beweis präsentieren sie eine Zahl.

Marcel Fratzscher bekam Lob von höchster Stelle. Das Buch des Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeige, dass wegen der hohen Ungleichheit in Deutschland „viel umverteilt werden muss”, sagte Parteichef Sigmar Gabriel Mitte Mai auf der „Wertekonferenz Gerechtigkeit” der SPD. Auch in der anschließenden Diskussion fiel Fratzschers Name immer wieder. Fratzscher verfolgte die Diskussion aus der ersten Reihe und lächelte.

Das Buch „Verteilungskampf: Warum Deutschland immer ungleicher wird” mag kein Verkaufsschlager wie „Das Kapital” von Thomas Piketty sein. Aber dafür hat der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ein anderes Ziel erreicht: eine öffentliche Debatte auszulösen.

Es gibt kaum ein Treffen, kaum eine Sitzung, in dem SPD-Wirtschaftspolitiker nicht seine Thesen rühmen. Die Sozialdemokraten wollen Ungleichheit zu einem zentralen Thema im Bundestagswahlkampf machen. Und Fratzscher hat ihnen dafür die Blaupause geliefert.

Unter Ökonomen sind Fratzschers Thesen umstritten

In der Ökonomen-Zunft dagegen sind Fratzschers Thesen von der steigenden Ungleichheit sehr umstritten. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) haben bereits scharf gegen das Buch geschossen.

Nun hat das Münchener Ifo-Institut im Auftrag der „Stiftung Familienunternehmen” eine Art Gegenstudie zu Fratzschers Buch erstellt, die der „Welt” exklusiv vorliegt. Das Pikante: Das Ifo hat für seine Studie Daten des DIW verwendet – und kommt zu ganz anderen Ergebnissen.

Demnach wird die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland nicht größer, im Gegenteil: „Die Ungleichheit der Arbeitseinkommen in Deutschland ist im letzten Jahrzehnt zurückgegangen”, heißt es in der Untersuchung. „Die Studie zeigt, dass die pauschale These ständig wachsender Ungleichheit in Deutschland falsch ist”, sagt Ifo-Chef Clemens Fuest.

Ifo-Chef Fuest hält staatliche Umverteilung für effizient

Anders als von Fratzscher behauptet, werde der Staat durch die angeblich hohe Ungleichheit auch nicht aufgebläht. Tatsächlich, so Fuest, verteile die öffentliche Hand auf sehr effiziente Weise um.

Ifo-Forscher und Studienautor Gabriel Felbermayr hat sich in seiner Arbeit ausschließlich dem Thema Einkommensungleichheit gewidmet – und damit einem Kernthema Fratzschers, das für die Politik zentral ist. Denn würde sie weiter steigen, müsste der Staat tatsächlich irgendwann gegensteuern.

Der DIW-Chef schreibt, die Markteinkommen in Deutschland seien immer ungleicher verteilt. Während die Topverdiener immer höhere Gehälter einstrichen, werde ein großer Teil der Bevölkerung abgehängt und sei von staatlichen Leistungen abhängig.

Und wegen dieser ungleichen Verteilung müsse der Staat einen hohen Aufwand betreiben, um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Sein Fazit: Ludwig Erhards Losung „Wohlstand für alle” gelte nicht mehr.

Bruttolöhne in Deutschland sehr ungleich verteilt

Auch Felbermayr stellt fest: Die Bruttolöhne sind ungleich verteilt. Unter 20 Industrieländern ist die Ungleichheit der Löhne vor Abzug von Steuern und Abgaben nur in Brasilien, Schweden und Großbritannien höher, Deutschland liegt in dieser Rangliste auf Platz vier. Gerade in den Jahren zwischen 1997 und 2005 hat es einen starken Anstieg der Ungleichheit gegeben.

Allerdings gebe es dafür gute Gründe. So sei im Vergleich zu 1997 die Erwerbsquote von Frauen um fast sieben Prozentpunkte gestiegen. Der Anteil von Beschäftigten von über 50 Jahren nahm im selben Zeitraum von 23 auf 34 Prozent zu. Diese „begrüßenswerten Trends” hätten die Lohnungleichheit verstärkt.

Mit dieser Feststellung endet dann aber die Einigkeit zwischen Fratzscher und Felbermayr. So bestreitet der Ifo-Forscher Fratzschers These, die Lohnungleichheit habe in den vergangenen Jahren weiter zugenommen. Zumindest seit 2011 sinke die Bruttolohnungleichheit unter Vollzeitbeschäftigten.

Seit 2011 verringert sich die Ungleichheit

Das zeige der „Gini-Koeffizient”, der die Ungleichheit unter den Bruttolöhnen misst. Durch den Rückgang der vergangenen Jahre sank dieses Ungleichheitsmaß 2013 sogar wieder ganz leicht unter das Niveau von 2004.

Zieht man alle erwerbsfähigen Personen in die Betrachtung mit ein, zeige sich sogar „ein deutlicher Rückgang der Ungleichheit der Bruttoreallöhne seit dem Jahr 2005”. Damals hatte die Bundesregierung gerade die Hartz-Reformen auf den Weg gebracht.

Seitdem haben vier Millionen Menschen mehr einen Job. Damit ist auch der Anteil der Menschen ohne Arbeitseinkommen zurückgegangen – und die Ungleichheit insgesamt in der Gesellschaft. Wird dieser Effekt berücksichtigt, sei der entsprechende Gini-Koeffizient seit 2005 von 0,59 auf 0,56 gesunken, heißt es in der Ifo-Studie.

Netto schneidet Deutschland besser ab

Um Ungleichheit zu messen ist laut Ifo aber ohnehin die Verteilung der Nettoeinkommen entscheidender, also die Löhne nach Abzug von Steuern und Abgaben. Und hier ergibt sich ein ganz anderes Bild.

Unter den 20 OECD-Staaten liegt Deutschland im Ungleichheitsranking nicht mehr auf Platz vier, sondern nur noch auf Rang 14. Nur in den skandinavischen Ländern sowie den Niederlanden und Österreich ist die Ungleichheit geringer.

Dies zeigt laut Ifo-Institut: Die Umverteilung in Deutschland funktioniert. Und sie führe auch nicht, wie von Fratzscher behauptet, zu einem aufgeblähten Staat. Deutschland verteilt zwar vergleichsweise viel um. Gleichzeitig ist aber die Staatsquote, also das Verhältnis aus Bruttoinlandsprodukt und Staatsausgaben, in Deutschland nicht so hoch wie in vielen anderen Ländern.

Ebenso erreiche Deutschland mit seinen heutigen Steuersätzen „eine größere Umverteilung” als andere Staaten. „Im Vergleich zu anderen Ländern zeichnet sich das System staatlicher Umverteilung in Deutschland durch hohe Effizienz aus”, lautet das Fazit Felbermayrs.

SPD hält an ihrer These fest

Für die Familienunternehmen sei die Entwarnung beim Thema Ungleichheit „von großer Relevanz”, sagt Rainer Kirchdörfer, Vorstand bei der Stiftung Familienunternehmen. Die Frage nach einer gerechten Einkommensverteilung präge derzeit die öffentliche Debatte.

„Umso wichtiger ist es, dass Fakten und nicht gefühlte Realität das Meinungsbild beherrschen.” So lasse sich eine Vermögensteuer „nach dieser Studie nicht mehr mit der Entwicklung einer immer ungerechteren Einkommensverteilung begründen”, sagt Kirchdörfer.

Felbermayr will alle Daten und Formeln aus seiner Studie am Montag online stellen. Jeder solle sich sein eigenes Bild machen können. Doch an den Wahlkampfplänen der Sozialdemokraten werden seine Fakten nicht mehr viel ändern.

Wer SPD-Politiker darauf hinweist, dass die überwältigende Mehrheit der Ökonomen Ungleichheit in Deutschland nicht für ein zentrales Problem hält, bekommt die lapidare Antwort: Das seien halt alles Mainstream-Ökonomen.

http://www.welt.de/wirtschaft/article156013187/Das-Maerchen-von-der-wachsenden-Ungleichheit.html

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