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Amerikas Muslime wehren sich gegen Pauschalverdacht

Amerikas Muslime wehren sich gegen Pauschalverdacht

Erst der Anschlag, dann die verbale Attacke von Donald Trump: Erneut sehen sich Muslime in den USA Anfeindungen ausgesetzt. Über die beste Reaktion herrscht Uneinigkeit.

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Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Trump auf einer Wahlveranstaltung vergangene Woche in Iowa
Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Trump auf einer Wahlveranstaltung vergangene Woche in Iowa © Scott Olson/Getty Images

Der Anschlag von San Bernardino war erst wenige Stunden her, da gab es bereits die erste Stellungnahme der muslimischen Organisationen in den USA. Noch bevor die Behörden überhaupt ein Motiv genannt hatten, stellten sie sich der Presse. Denn kaum waren die beiden Täter als muslimisches Ehepaar identifiziert, ging es um Schadensbegrenzung – so wie nach jedem Anschlag mit möglicherweise islamistischem Hintergrund.

So veranstaltete der Rat für amerikanisch-islamische Beziehungen noch am Tag der Attacke eine Pressekonferenz auch mit einem Angehörigen der Attentäter. „Ich liebe dieses Land”, sagte der um Fassung ringende Schwager des mutmaßlichen Täters. Die Familie habe keine Hinweise auf entsprechende Pläne gehabt. Nach dem Anschlag mit 14 Toten in der kalifornischen Stadt sollte damit ein klares Zeichen gesetzt werden: Dies sei eine Tat extremistischer Einzelgänger gewesen, und nicht der Islam sei für das Massaker verantwortlich.

Dass die Distanzierung nicht ohne Grund kommt, zeigen die jüngsten Äußerungen von Donald Trump. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber hat ein Einreiseverbot für Muslime verlangt und damit die gesamte Religion unter Generalverdacht gestellt. Seine Forderung begründete er mit dem Ausmaß von Hass, „den große Teile der muslimischen Bevölkerung” auf Amerikaner hätten. Und trotz der immensen Kritik legte er nach: „Das ist mir egal”, sagte er. „Wir können politisch korrekt und dumm sein – aber die Lage wird immer schlimmer.”
Kritik an stereotypen Distanzierungen

Mit solchen Anfeindungen haben Muslime in den USA nicht erst seit den Anschlägen vom 11. September 2001 zu kämpfen. Die wenigen damals bekannten muslimischen Organisationen distanzierten sich von den Angriffen in New York und Washington. In den Jahren danach wurde dann mit öffentlichen Veranstaltungen in Moscheen versucht, den Islam als friedliche Religion zu präsentieren. Bislang offensichtlich ohne Erfolg: Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew aus dem vergangenen Jahr ist ein zunehmender Anteil der US-Bevölkerung der Ansicht, dass der Islam eher als andere Religionen zur Anwendung von Gewalt verleitet.

„Amerika ist reif für eine differenziertere Debatte, wenn es um diese Dinge geht”, sagt deshalb Schahed Amanullah, ein ehemaliger Berater im US-Außenministerium. Und diese Debatte, so der Aktivist und Regierungsberater, sollte von den amerikanischen Muslimen ausgehen. „Wichtig ist, dass sie dabei das gemeinsame Ziel der Verhinderung von jeglichen Gewaltakten betonen.”

Diese Einschätzung teilen allerdings nicht alle Muslime in den USA. Gerade in der jüngeren Generation stoßen diese routinemäßigen Stellungnahmen zunehmend auf Ablehnung. Viele befürchten, dass dadurch das öffentliche Bild des gewalttägigen Islam gefestigt werde. Sie ärgern sich auch über die Erwartung, sich in besonderer Weise von den Anschlägen distanzieren zu müssen. Schließlich werde dies auch nicht von Vertretern anderer Religionen erwartet, wenn Anhänger ihres Glaubens eine Gewalttat verüben.
„Einfach zu schweigen? Ich denke nicht”

„Ich finde die entsprechenden Pressekonferenzen eher befremdlich”, sagt etwa die prominente New Yorker Muslima Linda Sarsour. „Das verstärkt doch die falsche Vorstellung, dass ich aufgrund meines Glaubens etwas mit extremistischen Gruppen gemeinsam habe.” Schließlich verurteile auch sie Terrorismus – „aber nicht speziell als Muslima, sondern als Mensch”.

Diese Kritik bekommt Ibrahim Hooper, ein Sprecher des nationalen Rates für amerikanisch-islamische Beziehungen, inzwischen immer öfter zu hören. „Aber einfach zu schweigen? Ich denke nicht, dass das eine sinnvolle Alternative ist”, sagt er. „Schon gar nicht, wenn die New York Post auf der Titelseite ‘Muslimische Mörder’ schreit” – wie dies nach dem Anschlag von San Bernardino der Fall war.

Für die Autorin Asra Nomani, die sich in ihren Büchern für eine Reform des Islams einsetzt, liegt das Problem aber gerade darin, dass die Muslime in den USA eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den extremistischen Tendenzen innerhalb ihrer Religionsgemeinschaft bisher scheuten. „Wir erkennen nicht die Tragweite des Problems, wenn wir bloß sagen: ‘Das ist nicht mein Islam. Ich habe nicht den Abzug betätigt. Ich glaube nicht an extremistische Ideen.'”, sagt Nomani. „Ich denke, wir tragen selbst dazu bei, dass uns dieses Misstrauen entgegenschlägt.”

Forrás: http://www.zeit.de/politik

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