Der Ölpreis setzt seine Talfahrt fort. Die beiden wichtigsten Sorten Brent und WTI werden für weniger als 31 Dollar gehandelt. Die Börsen reagieren uneinheitlich auf den Öl-Sinkflug.
(sda/reu) Die Erdölpreise haben am Dienstag ihre Talfahrt fortgesetzt und sind auf den tiefsten Stand seit zwölf Jahren gerutscht. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Februar kostete am Morgen 30,43 $, 89 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte WTI fiel um 78 Cent auf 30,63 $. Die anfängliche Erholung am asiatischen Aktienmarkt konnte die Ölpreise nicht stützen. So wenig hat Nordseeöl zuletzt im April 2004 gekostet. Dies signalisiere niedrigere Konjunkturerwartungen und werde von vielen Börsianern kritisch gesehen. Zudem beunruhige das enorme Tempo des Preiszerfalls.
Weiterhin lastet das weltweit hohe Angebot an Rohöl auf den Preisen. Zudem dürfte bald auch Iran wieder mehr Rohöl exportieren, da die endgültige Aufhebung der Sanktionen offenbar näher rückt. «Meine Erwartung ist, dass dieser Tag recht bald kommen wird», sagte EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini am Montag. Es gebe aber noch keinen festen Termin. Voraussetzung sei, dass der Iran alle Verpflichtungen aus dem Atomabkommen erfülle.
Erholung in China hilft nicht
Mehrere Banken senkten derweil ihre Prognosen für den Ölpreis im laufenden Jahr: Die Analytiker der Barclays Bank erklärten das mit einer «deutlichen Verschlechterung der Fundamentaldaten zu Jahresbeginn». «Wir erwarten Brent und WTI jetzt für 2016 im Mittel beide bei 37 $ je Barrel, verglichen mit unseren bisherigen Prognosen von 60 und 56 $», hiess es bei Barclays.
Die Sorgen um die chinesische Konjunktur haben am Dienstag weiter auf die Kurse an den Aktienmärkten in Fernost gedrückt. Nach einer anfänglichen Stabilisierung verbuchten die meisten Handelsplätze erneut Verluste. Am höchsten fiel das Minus in Tokio aus, wo die Börse nach einem Feiertag fast 3% nachgab. Dagegen erholten sich die Kurse in China leicht. Der MSCI-Asien-Pazifik-Index für die Aktienkurse grosser Firmen ausserhalb Japans notierte rund 0,4% niedriger und bewegte sich damit um das am Tag zuvor erreichte Vier-Jahre-Tief.
Dagegen legte in China die Börse in Shanghai um 0,2% und der Leitindex CSI 300 um 0,7% zu. Die Zentralbank mühte sich, die Landeswährung Yuan wieder zu stabilisieren, nachdem sie zum Jahresanfang eine deutliche Abwertung zugelassen und damit für Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten gesorgt hatte.
Der Schweizer Markt startete positiv in den Tag. Kurz vor 10 Uhr lag der SMI mit 0,7% im Plus. Die Aktien von Swatch und Novarits erholten sich am stärksten. Weiterhin unter Druck stehen die Papiere von Transocean, die 1,7% einbüssten.
Der deutsche Aktienmarkt startet ebenfalls positiv in den Tag. Der DAX stieg um 0,4%. Die Stimmung sei aber weiterhin sehr schlecht, sagte ein Händler. Im Leitindex führten die Versorger nach Analytikerempfehlungen die Gewinnerliste an: Aktien von RWE gewannen 3,5% und jene von E.ON 2,6%. Letztere waren von der Deutschen Bank, erstere von JP Morgan zum Kauf empfohlen worden. SAP-Scheine legten um 3,2% zu. Der Softwarekonzern hat sein selbst gestecktes Ziel beim operativen Gewinn erreicht und für 2015 einen Rekordgewinn ausgewiesen.
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