Der Präsident der Republik Moldau, Igor Dodon, hat der Europäischen Union schwere Versäumnisse bei der Kontrolle von millionenschweren Finanzhilfen für sein Land vorgeworfen. Dodon sagte der „Welt“: „Die Europäische Union hat der Republik Moldau zwischen 2007 und 2015 mit mehr als 782 Millionen Euro unterstützt. Mindestens die Hälfte dieses Geldes ist in dunkle Kanäle verschwunden. Korrupte Mitglieder der verschiedenen angeblich proeuropäischen Regierungen in meinem Land haben es gestohlen. Ich habe das mehrfach in meiner früheren Funktion als Parteichef der Sozialisten gegenüber Vertretern aus Brüssel angesprochen, aber die zuständigen EU-Kommissare haben sich nicht darum gekümmert.“
Die Millionenauszahlungen aus dem Westen hätten viel stärker an Bedingungen geknüpft werden müssen, sagte der Präsident weiter. Auch bilaterale Kredite in Milliardenhöhe seien „zu einem wesentlichen Teil“ in dunkle Kanäle geflossen. „Es muss jetzt alles dafür getan werden, dass die Finanzhilfen aus der EU künftig auch bei den Bürgern der Republik Moldau landen und für Reformen gebraucht werden“, erklärte Dodon.
Zustimmung zur EU auf 38 Prozent gesunken
Der 42-jährige Politiker ist seit Dezember 2016 Präsident der Republik Moldau. Zuvor war er mehr als fünf Jahre lang Vorsitzender der Sozialisten (PSRM). Unverständnis für die Korruption in seinem Land müsse insbesondere in Deutschland herrschen, meint Dodon: „Wie sollen Bürger in Deutschland, die in einfachen Wohnungen leben, verstehen, dass ihre Steuergelder in die Republik Moldau geflossen sind, wo korrupte Politiker das Geld dazu verwendet haben, sich Schlösser in Deutschland zu kaufen?“
Dodon benennt eine konkrete Folge der von ihm kritisierten Politik. Trotz der Finanzhilfen aus Brüssel sei die Zustimmung zur EU in der Republik Moldau auf 38 Prozent gesunken – 2007 habe sie noch bei 70 Prozent gelegen. „Das ist passiert, weil das Geld bei den Menschen nicht angekommen ist. Unsere Bürger haben gesehen, wie die verschiedenen prowestlichen Regierungen in Korruptionsskandale verwickelt waren.“
Einzig die Visumfreiheit für moldawische Bürger, die seit April 2014 einen Aufenthalt von 90 Tagen in EU-Ländern ermöglicht, sei ein Gewinn. Das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Republik Moldau, das seit Juli 2016 in Kraft ist, sieht Dodon dagegen äußerst kritisch. Kern der Vereinbarung ist die Einrichtung einer umfassenden Freihandelszone. Dodon will das Abkommen unter russischer Beteiligung neu verhandeln. Auch einen Beitritt zur von Moskau dominierten Eurasischen Union befürwortet der Präsident: „Ich persönlich glaube, dass wir mehr gewinnen, wenn wir engere Beziehungen mit der Eurasischen Union haben. Moldawien würde von einem Beitritt zur Eurasischen Union langfristig profitieren.“
Bauern wollen Waren wieder nach Russland exportieren
Er könne als Präsident darüber aber nicht entscheiden. Dies müsse in einem Referendum oder nach den Wahlen 2018 vom Parlament entschieden werden. „Ich schlage vor, dass wir in diesem Stadium ein Memorandum zur Zusammenarbeit mit der Eurasischen Union unterschreiben“, sagte Dodon. Ein Ziel der Kooperation mit der EU wie der Eurasischen Union ist, Obst und Gemüse vom Freihandel mit dem Westen auszunehmen. „Dann könnten unsere Bauern diese Waren wieder nach Russland exportieren“.
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