US-Präsident Donald Trump hat bereits im ersten gemeinsamen Telefonat einen der treuesten Verbündeten seines Landes tief verstört. Eigentlich hätte es eines der angenehmsten Gespräche am vergangenen Samstag werden sollen: Nach einer Reihe von Telefonaten unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wurde der neue US-Präsident auch mit dem australischen Premierminister Malcolm Turnbull verbunden. Das Gespräch wurde allerdings dem Vernehmen nach schon nach kurzer Zeit feindselig.

Wie unangenehm das Telefonat für dem australischen Premier war, wird erst jetzt bekannt, nachdem hochrangige Mitarbeiter des Weißen Hauses der „Washington Post“ aus dem Gespräch berichtet haben.

Donald Trump telefoniert mit Malcolm Turnbull. Mit dabei der Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn und Chefstratege Steve Bannon (r.)
Donald Trump telefoniert mit Malcolm Turnbull. Mit dabei der Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn und Chefstratege Steve Bannon (r.)

Quelle: dpa/AP

Die gesamte Gesprächsatmosphäre sei sehr gespannt und geradezu bissig gewesen, berichteten Mitarbeiter des Weißen Hauses der Zeitung. An einem Punkt erklärte Trump seinem Gesprächspartner, dass er an diesem Tag bereits mit vier Politikern von Weltrang gesprochen habe, unter anderem mit Wladimir Putin, aber dieses Gespräch sei „bei Weitem der schlimmste Anruf des Tages“.

Demnach prahlte Trump mit seinem Wahlerfolg und kritisierte ein Flüchtlingsabkommen zwischen Australien und den USA, das sein Vorgänger Barack Obama ausgehandelt hatte. „Das ist der schlimmste Deal aller Zeiten“, wütete Trump, als Turnbull ihn darauf ansprach, ob die USA sich weiterhin an die Vereinbarung seines Vorgängers halten werde, wonach die USA mehr als 1000 Flüchtlinge aufnehmen, die Australien auf Inseln im Pazifik interniert hält.

Dann beendete Trump das Gespräch nach 25 Minuten abrupt, obwohl der Austausch eigentlich eine ganze Stunde hätte dauern sollen.

Trump, der am Tag zuvor ein Dekret unterzeichnet hatte, das die Aufnahme aller Flüchtlinge für vier Monate aussetzt, beschwerte sich bei Turnbull, dass er wegen der Abmachung politisch „umgebracht“ werde. Australien versuche, den „nächsten Boston-Bomber“ zu exportieren. Bei einem Bombenanschlag am Rande des Boston Marathons starben 2013 drei Menschen und 260 wurden verletzt. Die Täter waren zwei Brüder tschetschenischer Herkunft und mit ihrer Familie als Asylsuchende in die USA gekommen.

Trump drohte mit Einmarsch

Der Gesprächsverlauf war offenbar kein Einzelfall: Tatsächlich berichten Vertreter der US-Regierung, dass Trump sich in Gesprächen mit anderen politischen Führern ähnlich verhalten habe, beispielsweise bei seinem Telefonat mit dem mexikanischen Regierungschef Pena Nieto. Die Presseagentur AP zitiert beispielsweise aus einer Abschrift des Telefonats mit Nieto folgende Passage: „Ihr habt einen Haufen von ‘bad hombres‘ da unten. Ihr tut nicht genug, um sie zu stoppen. Ich glaube, euer Militär fürchtet sich zu sehr. Unser Militär hat keine Angst, deswegen werde ich vielleicht einfach ein paar Truppen runter zu euch schicken, um das zu erledigen.“

Während die Atmosphäre zwischen Trump und Nieto ohnehin schon durch den Streit über den Bau einer Mauer zwischen den USA und Mexiko vergiftet war, dürfte der Verlauf des Telefonats mit Turnbull den australischen Premier völlig überrascht haben.

In Australien sorgte das feindselige Gespräch für große Verstörung, schließlich gilt das Land als einer der treuesten Verbündeten der USA: Beide Länder unterstützen einander diplomatisch, und australische Truppen haben in den vergangenen Jahrzehnten zusammen mit amerikanischen Truppen gekämpft, unter anderem im Irak und in Afghanistan. Australien gilt als solch enger Verbündeter, dass die USA sogar Geheimdiensterkenntnisse mit dem Land austauschen – dieses Privileg genießen mit Kanada, Neuseeland und Großbritannien nur noch drei weitere Länder.

Die offizielle Version

Konfrontiert mit dem Bericht wollte sich der dermaßen erniedrigte Turnbull am Donnerstag australischer Zeit zunächst nicht äußern. Der australische Sender ABC berichtete aber auf seiner Website, dass hochrangige australische Regierungsvertreter hinter vorgehaltener Hand bestätigt haben, dass Turnbull und Trump ein „robustes“ Gespräch geführt hätten – eine Formulierung, die diplomatisch einen Streit umschreibt. Sie bestätigten dem Sender auch, dass der Anruf kürzer als erwartet gewesen sei.

Das Weiße Haus wollte sich zu den Berichten nicht äußern. In einer offiziellen Mitteilung der US-Regierung nach dem Gespräch hieß es, dass die beiden Politiker „die andauernde Stärke und Nähe der Beziehungen zwischen den USA und Australien“ betont hätten.

Am Mittwochabend Ostküsten-Zeit, wenig Stunden nach Veröffentlichung des Berichts in der „Washington Post“ bestätigte Trump dann den Bericht indirekt. Mit einer Nachricht auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zog er das Abkommen mit Australien infrage: „Könnt ihr das glauben? Die Obama-Regierung hat zugestimmt, Tausende illegaler Einwanderer aus Australien aufzunehmen. Aber warum? Ich werde mir diese dumme Vereinbarung genau anschauen!“

Do you believe it? The Obama Administration agreed to take thousands of illegal immigrants from Australia. Why? I will study this dumb deal!

Die Nachricht von Trump offenbart das Strategie-Chaos im Weißen Haus: Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, hatte zwei Tage zuvor trotz des feindseligen Gesprächs angekündigt, dass die USA weiterhin bereit seien, mehr als 1000 Flüchtlinge von australischen Aufnahmelagern zu übernehmen. Sie würden allerdings „strengstens überprüft“.

Trump werde diese Zusage, die sein Amtsvorgänger Obama mit Australien getroffen habe, einhalten, sagte Spicer am Dienstag. Wenige Tage nach der US-Präsidentenwahl im November, als Obama noch im Amt war, hatten Washington und Canberra die Aufnahme der Bootsflüchtlinge aus allen Teilen Asiens vereinbart.

Australien nimmt seit 2013 keine Bootsflüchtlinge mehr auf, sondern bringt sie in Auffanglager im Inselstaat Nauru und auf der Insel Manus in Papua-Neuguinea unter. Dort harren die Flüchtlinge teilweise jahrelang aus – eine Praxis, die von Menschenrechtlern scharf kritisiert wird.

mit AP
https://www.welt.de/politik/ausland/article161743135/Trump-aetzt-gegen-Fluechtlingspakt-mit-Australien.html