Der Islamische Staat hat den Tod seines prominenten Schlächters Mohammed Emwazi bestätigt. In einem Nachruf wird «Jihadi John» nun als Held des Kalifats gewürdigt.
Wie klingt es, wenn ein jihadistisches Propagandamagazin einen Nachruf auf einen Terroristen schreibt? Etwa so: «Seine Härte gegenüber den Kuffar (Ungläubigen) offenbarte sich in Handlungen, die alle Nationen, Religionen und Fraktionen der Ungläubigen in Wut versetzten.» Oder so: «Seine Ernsthaftigkeit, sein Ehrgeiz und seine Begeisterung, bis zur Erschöpfung für die Sache Allahs zu arbeiten, verliehen ihm Prominenz, so dass ihn viele immer mehr respektierten und liebten.»
Aushängeschild des IS
Die Rede ist von Mohammed Emwazi alias «Jihadi John». Der irakischstämmige Brite mit dem breiten Londoner Akzent war bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr eine Art Aushängeschild der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Mindestens sieben Menschen, unter ihnen westliche Journalisten und Entwicklungshelfer, ermordete er brutal vor laufender Kamera. Die grausamen Enthauptungsvideos wurden im Internet verbreitet und verliehen dem ehemaligen Programmierer, der sich stets vermummt und schwarz gekleidet präsentierte, in der Tat eine zweifelhafte Prominenz.
Nachdem die Amerikaner und Briten am 12. November einen Drohnenangriff in der ostsyrischen Stadt Rakka geflogen hatten, gab das Pentagon bekannt, dass der Tod von «Jihadi John» zu «99 Prozent» sicher sei. Eine Bestätigung blieb indes aus und kam erst jetzt – mit der neuesten, am Dienstag veröffentlichten Ausgabe des IS-Magazins «Dabiq». Darin wird nicht nur bestätigt, dass Emwazi bei dem Drohnenangriff ums Leben kam, sondern «Abu Muharib al-Muhajir» – so sein nom de guerre – zugleich als heldenhafter und gerissener Kämpfer für das «Kalifat» stilisiert.
Dem britischen Geheimdienst entkommen
Beschrieben wird etwa, wie der britische Geheimdienst MI5 Emwazi in seiner Heimat verhörte und ein Agent ihm sagte, er werde wie sein Schatten sein und ihn überall und jederzeit observieren. 2013 sei es Emwazi dennoch gelungen, auf dem See- und Landweg ins «Kalifat» nach Syrien zu gelangen. Rund zwei Monate habe die abenteurliche Reise gedauert, die durch unwegsame Berg- und Sumpfgebiete führte, und mindestens zwei Mal sei «Abu Muharib» dabei von Polizisten in Gewahrsam genommen worden.
Ein Beleg, wie edelmütig der Brite gegenüber seinen Mitstreitern doch gewesen sei, liefert «Dabiq» in der aktuellen Ausgabe auch: So habe Abu Muharib einmal nicht gezögert, eine Konkubine, die er von seinen Vorgesetzten als «Geschenk» bekommen habe, an einen «verletzten und unverheirateten Bruder» weiterzureichen.
Komplexbeladener Aussenseiter
Für den Rest der Welt dürfte der 26-jährige indes eher als brutaler Mörder und komplexbeladener Aussenseiter in Erinnerung bleiben; als einer, der als Schüler, wie es hiess, kaum Freunde besass, von einer Karriere als Profi-Fussballer träumte und offenbar Schwierigkeiten hatte, seine Wut zu kontrollieren. Ehemalige Gefangene des IS beschrieben den Kopfabschneider als sadistischen Psychopathen, und westliche Regierungen und Medien beschäftigten sich so intensiv mit «Jihadi John», dass er, der den Westen und seine Werte so hasste, einige Genugtuung verspürt haben dürfte.
Forrás: http://www.nzz.ch