Nach Alexander Gaulands Beleidigung spricht nun Jerome Boateng. Der deutsche Fußball-Nationalspieler will sich von dem dumpfen Nationalismus des AfD-Rechtsaußen nicht unterkriegen lassen.

Jerome Boateng trägt ein schwarzes Baseball-Cap und schreitet Sonntagabend aus der Kabine des Augsburger Stadions Richtung Mannschaftsbus. Der 27-jährige Abwehrstar des FC Bayern wirkt wie immer locker und souverän, doch etwas ernster als gewöhnlich schaut er schon. Kein Wunder nach diesem Wochenende, an dem ihm AfD-Vize Alexander Gauland beleidigt hat. Die Deutschen würden Boateng nicht als Nachbarn haben wollen, hatte der Politik-Rechtsaußen gefaselt. Zudem verlor Boateng mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft den EM-Test gegen die Slowakei 1:3.

Die Welt: Herr Boateng, haben Sie schon einmal solch ein Regen-Spiel wie in Augsburg erlebt?

Jerome Boateng: Nein, das war das erste Mal.

Die Welt: Das Spiel sollte ein EM-Test sein, in dem sich die Jungen aufdrängen können. Durch das heftige Gewitter in der Halbzeitpause und den Regen danach war in der zweiten Spielhälfte allerdings kein wirklicher Fußball mehr möglich. Wie bitter ist es für Ihre Mannschaft, dass dieser Test rund zwei Wochen vor Turnierstart jetzt kein richtiger Test war?

Boateng: Gerade zu Beginn der zweiten Halbzeit war es sehr schwierig mit den Pfützen auf dem Spielfeld. Das Wetter hat es uns schwer gemacht, noch einmal eine Aufholjagd zu starten, der Regen ist uns nicht gerade entgegen gekommen. Wir haben in der ersten Halbzeit gut angefangen, gerade in der Offensive. Aber in der Defensive haben wir auf jeden Fall noch viel zu tun, da hat es gegen die Slowakei von Anfang an nicht gestimmt.

Die Welt: Was lief falsch?

Boateng: Gegen so eine Mannschaft können wir nicht die ganze Zeit hinterher rennen. Wir haben den Gegner schlecht angelaufen und ihm zu oft den Ball überlassen. Wir haben keine Zweikämpfe angenommen. Und Standards müssen wir auf jeden Fall noch mal trainieren! Das sind Sachen, die müssen wir uns noch erarbeiten.

Die Welt: Wie hat es sich angefühlt, ausgerechnet an diesem Wochenende voller Diskussionen um die beleidigenden Aussagen des AfD-Vize Gauland nach der Auswechslung Sami Khediras Kapitän der deutschen Nationalmannschaft zu sein?

Boateng: Ich war es nicht zum ersten Mal, es war aber wieder etwas Besonderes. Das ist es immer.

Die Welt: Im Stadion gab es Plakate: „Jerome, sei unser Nachbar.”

Boateng: Das ist schön von den Fans. Es hat mit gefreut, so etwas zu lesen. Die ganze Sache insgesamt hat mich allerdings nicht besonders beschäftigt.

Die Welt: Ist die Aussage Gaulands nicht eine Frechheit?

Boateng: Ehrlich gesagt ist es einfach traurig, dass heutzutage noch so etwas gesagt wird. Ich kann da nur drüber lächeln. Man kann es nicht ändern, aber ich hoffe und glaube, es wird besser. Ich glaube, im Stadion waren genug positive Antworten darauf, Plakate und Sprüche. Die sagen alles. Jetzt haben außerdem genug Leute dazu etwas gesagt. Ich bin froh, Deutscher zu sein, ich bin stolz. Sonst wäre ich auch nicht hier in der Mannschaft und nicht schon mehrfach Kapitän gewesen. Ich bin gut integriert.

Die Welt: Was nehmen Sie aus diesem Spiel mit?

Boateng: Es ist meiner Meinung nach besser, dass wir verloren haben. Wir haben Schwächen aufgezeigt bekommen. Das ist besser, als wenn wir 5:0 gewonnen hätten.

Aufgezeichnet von Julien Wolff
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