Obwohl die Behörden nicht einmal alle Terror-Gefährder überwachen können, will der Unionsfraktionschef jetzt Moscheen überwachen. Die Opposition ist empört und verweist auf Recht und Gesetz.

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Staatliche Kontrolle für islamische Prediger in Deutschland – mit dieser Forderung heizt Unionsfraktionschef Volker Kauder unmittelbar vor dem AfD-Parteitag die Islamdebatte an. „Wir müssen darüber reden, dass in einigen Moscheen Predigten gehalten werden, die mit unserem Staatsverständnis nicht im Einklang stehen”, sagte der CDU-Politiker der „Berliner Zeitung”. Und: „Der Staat ist hier gefordert. Er muss das kontrollieren.”

Für Ulla Jelpke von der Linkspartei ist der Vorstoß Kauders „unverantwortlich”. „Mit seinem Pauschalverdacht gegen alle Muslime zündelt Kauder am Pulverfass der Islamfeindlichkeit”, sagte die innenpolitische Sprecherin der „Welt”. Zur Religionsfreiheit gehöre auch die Freiheit, seine Religion ohne staatliche Aufsicht auszuüben.

„Die Idee, jeder Moschee einen staatlichen Aufpasser zu verordnen, ist völlig abwegig. Damit würden sämtliche Muslime unter den Generalverdacht des Terrorismus gestellt. Wenn es einen konkreten Verdacht auf Straftaten gibt, ist das ein Fall für die Polizei – aber nur dann”, so Jelpke weiter.

Irene Mihalic, die Frau der Grünen für die innere Sicherheit, sieht das ähnlich. Erst mögliche Straftaten begründeten polizeiliche Kontrolle. „Das passiert sowieso schon”, sagt Mihalic der „Welt”. „Im Übrigen ist staatliche Überwachung nur in engen Grenzen zulässig. Das sind Grundsätze, an denen wir festhalten sollten – auch aufgrund der Erfahrungen aus der deutschen Geschichte.”

Überwachung nur bei begründetem Verdacht möglich

In der Tat darf die Polizei nach geltendem Recht nicht grundlos Moscheevereine überwachen – ganz abgesehen von der Frage, wie Kontrolle angesichts mehrerer Tausend muslimischer Gotteshäuser in Deutschland flächendeckend überhaupt möglich sein sollte.

Einzelne muslimische Gemeinden werden freilich schon heute nicht nur durch die Polizei, sondern auch durch den Verfassungsschutz beobachtet. Allerdings geht es dort nicht um die von Kauder geforderte Kontrolle problematischer Wertevorstellungen, sondern um Erkenntnisse über einzelne als gefährlich geltende Personen. Laut Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen haben die Sicherheitsbehörden in Deutschland ein islamistisch-terroristisches Potenzial von rund 1000 Personen im Visier.

Aber sie können nicht rund um die Uhr überwacht werden, geschweige denn gegebenenfalls die von ihnen besuchten Moscheen. Selbst bei den als besonders gefährlich eingeschätzten etwa 200 Rückkehrern aus dem Syrien-Krieg ist dies nicht möglich.

CSU übt sich bereits seit Wochen in Islamkritik

Damit muss Kauders Forderung weniger als praktischer Vorschlag denn eher als öffentliche Wortmeldung gewertet werden. So will die Union in der Auseinandersetzung mit der AfD deutlicher wahrgenommen werden. Darum bemüht sich auch schon seit einigen Wochen die CSU. Ihr Generalsekretär Andreas Scheuer hatte vor zwei Wochen in der „Welt” die Forderung nach einem „Islam-Gesetz” formuliert.

Unter anderem verlangt Scheuer, dass Deutsch die Sprache der Moscheen werden müsse. Es dürften nicht die Augen davor verschlossen werden, „was in den Moscheen gepredigt wird und von wem”. Es könne nicht sein, „dass andere zum Teil extreme Wertvorstellungen aus dem Ausland importiert werden”.

Und vor wenigen Tagen dann schlug der CSU-Abgeordnete Alexander Radwan eine „Moschee-Steuer” ähnlich der Kirchensteuer vor, um die Unterstützung deutscher Moscheen durch ausländische Geldgeber zu unterbinden. Es dürfe „nicht sein, dass aus dem Ausland finanzierte Imame in Deutschland gegen unsere Grundwerte predigen”.

So kann es kaum verwundern, dass Kauder Rückendeckung für seine Forderung aus Bayern bekommt – und dies sogar von höchster Stelle. Horst Seehofer, der sich in Flüchtlingsfragen zuletzt gern mit Kauder kabbelte, sagte bei einem Auftritt in Unterschleißheim, das halte er für sinnvoll. Und der CSU-Chef fügte hinzu: „Wir wollen die Religionsfreiheit, dass das klar ist, aber nicht den Missbrauch.”

Der Zentralrat der Muslime möchte sich an der Debatte zunächst nicht beteiligen. Dafür fällt die Reaktion auf Kauders Forderung bei den Ahmadiyya-Muslimen drastisch aus. Ihr Bundesvorsitzender, Abdullah Uwe Wagishauser, sagte der „Welt”: „Es ist unerhört, mit solchen pauschalen Forderungen an die Öffentlichkeit zu treten! Als Muslim fühlt man sich dann wie am Nasenring durch die Arena gezogen.”

http://www.welt.de/politik/deutschland/article154889771/Kauder-zuendelt-am-Pulverfass-der-Islamfeindlichkeit.html