Der türkische Staatspräsident verurteilt das Verhalten des Westens. Erdogan sieht die früheren Partner auf der Seite der Putschisten. Vor Religionsgelehrten weist er auf den Vorteil Ankaras hin.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan setzt seine Angriffe gegen den Westen im Zusammenhang mit dem Putschversuch in seinem Land in unverminderter Härte fort. „Der Westen hat sich auf die Seite der Putschisten gestellt”, sagte Erdogan am Mittwoch bei einer Dringlichkeitssitzung des Religionsrats in Ankara. „Sie haben sich nicht auf die Seite der Führung dieses Landes gestellt, das sich gegen den Putsch gewehrt hat.”

Er zitierte einen verstorbenen Bekannten, der ihm mit Blick auf den Westen einst gesagt habe: „Wenn sie ihre Flugzeuge, Panzer und Kanonen haben …, so haben wir unseren Allah.” Der Präsident fügte unter dem Beifall der Religionsgelehrten hinzu: „Ja, wir haben unseren Allah. Und ohne Zweifel haben auch wir Panzer und Kanonen.”

Er kündigte an, dass innerhalb der kommenden 48 Stunden ein Treffen der Sicherheitskräfte stattfinden werde. Das Militär und der Geheimdienst wurden seit dem Putschversuch umstrukturiert und unterstehen jetzt direkt der Regierung und damit Erdogan.

Bereits am Dienstag hatte Erdogan vor Wirtschaftsvertretern in Ankara den Westen scharf angegriffen. Er stelle sich die Frage, was für eine Art von strategischer Partnerschaft die Türkei und die USA unterhielten, wenn die Regierung in Washington die Auslieferung des islamischen Predigers Fethullah Gülen verweigere.

„Freunde stellen sich auf die Seite von Putschisten”

Zudem beklagte er zum wiederholten Male, dass seit dem Putschversuch kein ausländischer Politiker in die Türkei gereist sei, während Frankreich und Belgien nach den dortigen Terroranschlägen Solidaritätsbesuche erhalten hätten. „Die, die wir als Freunde betrachtet haben, stellen sich auf die Seite von Putschisten und Terroristen”, sagte der Präsident.

Erdogan räumte nun ein, die Bewegung des Predigers – den er für den Umsturzversuch verantwortlich macht – und ihre Anhänger früher selber unterstützt zu haben. „Obwohl sie viele Seiten hatten, mit denen ich nicht übereinstimmte, habe auch ich persönlich ihnen geholfen.” Das sei trotz Bedenken „in gutem Glauben” geschehen. Erdogan und Gülen waren bis zu einem Zerwürfnis 2013 Verbündete.

Den gescheiterten Umsturzversuch am 15. Juli hatte Erdogan damals als „Geschenk Gottes” bezeichnet. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei jedoch als Terrororganisation. Mehr als 1000 Militärangehörige wurden bereits wegen mutmaßlicher Verbindungen zu Gülen entlassen. Insgesamt wurden bislang mehr als 60.000 Soldaten, Polizisten, Beamte und Lehrer suspendiert, entlassen oder verhaftet.

Der Präsident der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Mehmet Görmez, nannte die Gülen-Anhänger „ein Netzwerk gefügiger Roboter”. Die Bewegung könne nicht als religiöse Gruppe betrachtet werden, Gülen selber nicht als religiöser Gelehrter.