Fingerabdrücke weisen darauf hin, dass der Verdächtige im Freiburger Mordfall zuvor in Griechenland ein Gewaltverbrechen an einer jungen Frau begangen hat. Das ergab der Vergleich der Abdrücke mit denen in einer griechischen Datenbank.
Der Verdächtige war demnach im Mai 2014 wegen versuchten Totschlags zu zehn Jahren Haft verurteilt und Ende Oktober 2015 mit Meldeauflagen auf Bewährung entlassen worden.
Bei dem jungen Mann handelt es sich um einen Flüchtling aus Afghanistan, der 2015 nach Deutschland kam. Ihm wird zur Last gelegt, Mitte Oktober eine 19 Jahre alte Studentin in Freiburg vergewaltigt und ermordet zu haben.
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Nach Informationen der dpa war der Verdächtige von den griechischen Behörden nur innerhalb des Landes, nicht aber international zur Fahndung ausgeschrieben worden.
BDK: „Er wäre uns aufgefallen“
Weder Interpol noch das Schengener Informationssystem (SIS) seien alarmiert worden, obwohl er Griechenland kurz nach seiner Haftentlassung trotz Meldeauflagen verließ, berichtete auch die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf das Bundesinnenministerium.
Auf Anfrage habe die Behörde mitgeteilt, deutsche Sicherheitsstellen stünden „in Kontakt mit den Behörden in Griechenland, um den Sachverhalt aufzuklären“.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sprach von einem „eklatanten Versagen“ griechischer Behörden. Da die Daten des flüchtigen Afghanen nicht in das SIS eingetragen worden seien, sei er nicht als gesuchter Straftäter identifiziert worden, als er im November 2015 auf dem Bundespolizei-Revier Freiburg Asyl beantragte. „Hätten die Griechen ihn zur internationalen Fahndung ausgeschrieben, wäre er uns auch aufgefallen“, sagte BDK-Chef André Schulz der „Bild“.
Auch der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka kritisierte das Verhalten der griechischen Stellen. Sollte sich der Sachverhalt so bestätigen, „stellt sich vor allem die Frage, wieso ein verurteilter schwerer Gewalttäter bereits nach so kurzer Zeit aus der Haft entlassen wird und dann auch noch das Land verlassen kann“, sagte Lischka der „Rheinischen Post“. Den griechischen Behörden müsse man dann Vorsatz unterstellen.
Warum Hussein K. freikam
Grund für die Freilassung soll ein Amnestiegesetz des damaligen Justizministers Nikos Paraskevopoulos gewesen sein. Dieser hatte im April 2015, unter Ministerpräsident Alexis Tsipras, verfügt, dass Gefangene freikommen sollen, um die chronisch überfüllten griechischen Gefängnisse zu entlasten.
Voraussetzung dafür soll laut „Spiegel“ angeblich sein, dass Gefangene bereits einige Zeit in Haft waren und bis zu maximal zehn Jahren Haft verurteilt wurden. Hussein K. wurde nach 1,5 Jahren freigelassen.
Derartige Vorwürfe wie der von Lischka lässt die griechische Seite nicht gelten. „Die Freilassung war legitim und völlig gesetzeskonform“, sagte der Generalsekretär des griechischen Justizministeriums, Eftyxis Fytrakis, der „Bild“-Zeitung: „Sein Betragen war exzellent. Er besuchte die Schule in der 6. und 7. Klasse, leistete 581 Tage freiwillige Arbeit ab.“
Der mutmaßliche Mörder der Freiburger Medizinstudentin soll auf der Insel Korfu 2013 eine 20-jährige Studentin überfallen und eine hohe Klippe hinabgeworfen haben. Das Opfer habe schwer verletzt überlebt.
Auf einem TV-Beitrag des griechischen Senders Alfa aus dem Jahr 2013, der auf YouTube hochgeladen wurde, wird die Frau mit den Worten zitiert: „Er hat mich an der Hüfte und an den Beinen gepackt, mich hochgehoben und dann über das Geländer geschmissen.“
Laut seinem in Griechenland vorgelegten Pass ist der Verdächtige zwar älter als 17 Jahre – mit diesem Alter wurde er auch in Deutschland registriert.
Den Daten der griechischen Behörden nach wurde er aber am 1. Januar 1996 geboren und wäre damit schon 20 Jahre alt. Bei seiner Einreise nach Deutschland 2015 hatte er sich als 16-Jähriger vorgestellt. Fraglich ist somit auch, ob der Fall in Freiburg nach Jugendstrafrecht verhandelt wird.