Der Verzicht der Wettbewerbskommission auf Eingriffe im Fall Coca-Cola nervt den Basler Wirteverband. Die möglichen Direktimporte lösen laut den Wirten nur einen Teil des Problems.
Zocken internationale Konzerne in der Schweiz ungebührlich ab, weil sie auf unserer Wohlstandsinsel «überhöhte» Preise verlangen und diese Preise durch Verhinderung von Parallelimporten durchsetzen? Das ist die Kernfrage in den politischen Diskussionen um die «Preisinsel Schweiz». Futter für die Diskussion lieferte jüngst die Wettbewerbskommission (Weko), indem sie ihre Vorabklärungen in einem der symbolträchtigsten Fälle – Coca-Cola contra Wirteverband Basel-Stadt – ohne Intervention einstellte ( NZZ vom 27. 1. 16 ) Der Weko-Kernbefund lautete: Die Basler Wirte hätten Zugang zu Parallelimporten aus Deutschland.
Der Wirteverband reagiert nun mit heftiger Kritik. Für Mehrwegflaschen habe man zwar eine Bezugsquelle in Deutschland, doch die Preise lägen über den deutschen Originalpreisen, sagt der Vorstandsdelegierte Maurus Ebneter. Die vom Wirteverband beauftragte Partnerfirma kann laut dem Weko-Bericht von einem deutschen Getränkehändler ab gewissen Mengen 33-cl-Mehrwegflaschen für 37,7 Cent (rund 41 Rp.) beziehen und damit etwa 8% günstiger, als ein Direktbezug des Wirteverbands beim deutschen Coca-Cola-Abfüller kosten würde. Dank dem Direktimport zahlten Nordwestschweizer Wirte inklusive Lieferung 72 Rp. pro Flasche, sagt Maurus Ebneter. Bei Bezügen über den regulären Schweizer Coca-Cola-Kanal müsse ein Wirt dagegen mit Preisen von 95 Rp. bis 1 Fr. rechnen.
Doch selbst die 72 Rp. sind laut Ebneter noch deutlich zu hoch. Könnten sich Schweizer Abnehmer in Deutschland zu deutschen Originalpreisen eindecken, kämen sie nämlich etwa 5 bis 6 Rp. (7% bis 8%) günstiger.
Kein Thema sind Direktimporte aus Deutschland für Coca-Cola-PET-Flaschen, weil Deutschland auf diesen Flaschen ein Pflichtpfand kennt. Anfragen für Direktimporte bei Abfüllern in Italien, Frankreich und Österreich brachten laut Ebneter keine befriedigenden Angebote. Möglich seien Importe via Zwischenhändler in Osteuropa, aber dies bedinge teure Zusatzetikettierungen, und die Schweizer Konsumenten seien wohl eher skeptisch gegenüber Produkten aus Polen oder Tschechien.
Der 51-seitige Schlussbericht des Weko-Sekretariats räumt zwar ein, dass möglicherweise Parallelimporte via ausländische Coca-Cola-Abfüller nur zu relativ hohen Preisen möglich seien, doch weil es Zugang zu alternativen Parallelimporten via Grosshändler gebe, sieht die Behörde keinen Interventionsgrund. Den Aufpreis, den Basler Wirte im Vergleich zu deutschen Originalbedingungen trotz Direktimporten noch zahlen müssen (im einstelligen Prozentbereich), erachtet die Behörde als zu gering, als dass er aufwendige Zusatzuntersuchungen rechtfertigen würde. Wirtevertreter Ebneter entgegnet, dass es nicht nur um Basler Wirte gehe, sondern um das Preisniveau von Coca-Cola in der ganzen Schweiz und um ein Signal auch für andere Anbieter.
Die Weko ortet Indizien für eine marktbeherrschende Stellung von Coca-Cola, lässt aber die Frage letztlich offen, weil es «keine ausreichenden Hinweise» auf einen Missbrauch einer solchen Stellung gebe. Auch die Frage der Marktabgrenzung (Süssgetränke mit Kohlensäure; Eistee; nur Cola-Getränke?) lässt die Weko offen.
Grobe Marktanteilsschätzungen unter gewissen Annahmen sind im Bericht verdeckt. Er zitiert noch eine EU-Schätzung von 2003: Demnach betrugen damals die Anteile von Coca-Cola bei Süssgetränken mit Kohlensäure in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich je über 40% und waren mehr als doppelt so hoch wie die Anteile der zweitgrössten Anbieter.
Forrás: http://www.nzz.ch