Die Aufräumarbeiten in Hamburg laufen – auch auf politischer Seite. Brennend ist die Frage nun, welche Verantwortung der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) trägt. Und welche Konsequenzen aus den Krawallen für ihn gezogen werden. Es sei sicher seine schwerste Stunde als Bürgermeister, sagte Scholz dem „Hamburger Abendblatt“. Und weiter: „Das sind schwere Stunden für die Stadt – natürlich geht es mir da nicht gut. Es ist eine große Herausforderung, die Situation so zu bewältigen, dass sich die Stadt weiter gut entwickeln und optimistisch in die Zukunft blicken kann.“

Dennoch hält Scholz die Entscheidung nach wie vor für richtig, dem Wunsch der Kanzlerin nachzukommen und den G-20-Gipfel in Hamburg zu veranstalten. „Angesichts von 20.000 Einsatzkräften sind wir fest davon ausgegangen, dass wir die Sicherheit gewährleisten können. Trotzdem ist das nicht gelungen, das ist sehr bedrückend“, sagte der SPD-Politiker.

Konsequenzen für Gewalttäter

Die Sicherheitsbehörden hätten mit diesem Typus Straftäter nicht gerechnet. „Angesichts dieser wahllosen Brutalität und dieser hemmungslosen Zerstörungswut kommen alle Sicherheitskonzepte, die man mit rechtsstaatlichen Methoden aufstellen kann, an ihre Grenzen,“ sagte Scholz.

In der Talkshow „Anne Will“ kündigte Scholz deutliche Strafen für Gewalttäter an. „Die Straftäter, von denen wir nicht wenige identifiziert haben (…), die müssen hart verurteilt werden – und werden das auch. Wir haben sehr viel Beweismaterial gesammelt.“ Auch für die, die „diese gewalttätig ausgearteten Demonstrationen“ angemeldet hätten, müssten mit Konsequenzen rechnen. Auf die Frage, ob die Hansestadt das linksautonome Zentrum Rote Flora noch länger dulden könne, sagte Scholz dem „Hamburger Abendblatt“: „Auch das muss diskutiert werden. Wir werden genau sehen müssen, wer für was Verantwortung hat.“

Scholz gibt am Mittwoch eine Regierungserklärung ab

Auf die Frage, welche Fehler er gemacht habe, antwortete Scholz dem „Hamburger Abendblatt“: „Diese Frage beschäftigt mich natürlich nicht erst heute. Das müssen wir auch parlamentarisch aufarbeiten. Ich werde am Mittwoch eine Regierungserklärung dazu abgeben.  Wir werden auch eine genaue Lageanalyse vornehmen, ob wir etwas anders hätten machen können, um die Gewaltexzesse zu verhindern.“

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Seinen Posten zu räumen, lehnt Scholz klar ab. In der ARD-Sendung „Anne Will“ sagte Scholz auf die Frage, ob er über einen Rücktritt nachdenke: „Nein, das tue ich nicht.“ Die Hamburger CDU-Fraktion hatte zuvor Scholz zum Rücktritt aufgefordert. „Der Bürgermeister hat die Lage eklatant falsch eingeschätzt“, erklärte der Fraktionsvorsitzende André Trepoll. Wenn es Scholz nicht nur um sich selbst gehen würde, müsse er die Verantwortung für das Desaster übernehmen und zurücktreten.

Kanzleramtschef Altmaier steht Scholz bei

Rückendeckung bekam Scholz von eher unerwarteter Seite: Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) stellte sich hinter ihn. Er könne keinen Grund für einen Rücktritt erkennen, sagte Altmaier im Norddeutschen Rundfunk (NDR). Die Bundesregierung habe „gemeinsam mit Hamburg alle Schritte geplant und vorbereitet“. Deshalb sei es für ihn nicht der Zeitpunkt für eine parteipolitische Auseinandersetzung, sondern für eine „Auseinandersetzung zwischen Demokraten, die den Rechtsstaat verteidigen, und den radikalen, autonomen, linksextremen Minderheiten, die diesen Rechtsstaat herausfordern“.

Beim G-20-Gipfel in Hamburg war es tagelang zu schweren Krawallen gekommen. Gewalttäter zündeten Autos an, lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei, plünderten Geschäfte. Vom 22. Juni bis zum Sonntag wurden bei den Einsätzen rund um den Gipfel laut Polizei 476 Beamte verletzt. 186 Menschen wurden festgenommen, 225 in Gewahrsam genommen.

https://www.welt.de/politik/article166476127/Das-ist-meine-schwerste-Stunde.html