Milchtüten, Saftverpackungen sowie Wein- und Schnapsflaschen könnten in Zukunft pfandpflichtig werden. Das geht aus einer Stellungnahme des Bundesrates zum geplanten Verpackungsgesetz hervor.

Die Länderkammer zeigt sich unzufrieden mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung und fordert Änderungen unter anderem bei der Kennzeichnung von Einwegverpackungen und in der Pfandfrage.

So soll sich das Pflichtpfand in Zukunft nicht mehr an Größe und Inhalt der Getränkeverpackung orientieren, sondern an der Art des Verpackungsmaterials. Denn die bisherige Regelung führe zu Verwirrung bei den Verbrauchern und ermögliche den Herstellern zudem noch vielfältige Ausweichmanöver.

Milchindustrie ist entsetzt

Beim Milchindustrieverband (MIV) zeigt man sich deswegen entsetzt. „Es besteht kein Grund, das etablierte System zu zerschlagen“, schimpft Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser im Gespräch mit der „Welt“. „Wir verökologieren uns.“

Er fürchtet zum einen Hygieneprobleme und zum anderen explodierende Kosten für Bauern, Molkereien und Verbraucher. „Die Rücknahmeautomaten in den Geschäften sind für solche Verpackungen gar nicht ausgelegt. Es würde stinken wie aus einer Mülltonne, wenn Kartons mit Resten oder mit abgelaufener Milch in die Geschäfte zurückgebracht werden.“

Zudem würden sich die Entsorgungskosten für die Milchwirtschaft verdoppeln gegenüber dem bisherigen System mit grünem Punkt und gelber Tonne. „Die hohen Mehrkosten müssen am Ende an den Handel und die Verbraucher weitergegeben werden.“

Winzer fürchten Existenznot

Ähnliche Kritik kommt auch von den Saftherstellern und der Weinlobby. „Das Thema ist schon vor 20 Jahren diskutiert worden. Und nicht ohne Grund hat man sich damals gegen ein Pflichtpfand für Saft entschieden“, sagt Klaus Heitlinger, der Geschäftsführer vom Verband der Deutschen Fruchtsaftindustrie (VdF).

Das Deutsche Weininstitut sieht sogar etliche Winzer in Existenznot, sollten für die in Zukunft die Pfandpflicht gelten. Denn wer entsprechende Flaschen verkauft, muss im Gegenzug auch jedes Leergut mit dem Pfandsymbol zurücknehmen – also beispielsweise auch Mineralwasserflaschen und Cola-Dosen – und das entsprechende Entgelt an den Verbraucher auszahlen. „Das können die kleinen Familienbetriebe gar nicht leisten“, heißt es beim Deutschen Weininstitut.

Hinter den Forderungen in der Stellungnahme des Bundesrates stehen die rot-grün-regierten Bundesländer und dazu noch Rheinland-Pfalz, wo es seit dem vergangenen Sommer eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP gibt. „Wahrscheinlich ist den betreffenden Ländern gar nicht bewusst, was sie dort fordern“, kommentiert eine Branchenexpertin. „Denn leider fehlt es in der Politik vielfach an Fachwissen, wenn es um Entsorgungsthemen geht.“

Politikern fehlt das Fachwissen

Tetra-Pak zum Beispiel, also die gängige Milchverpackung, werde an anderer Stelle im Gesetz als ökologisch vorteilhafte Verpackung bezeichnet. „Das passt mit der Forderung nach einer Änderung der Pfandpflichtbewertung nicht zusammen.“ Beim Saft wiederum gebe es ebenfalls viel Tetra-Pak. Die Plastikflaschen wiederum seien vielfach dunkel. „Das aber kontaminiert das überwiegend helle Recycling-Material. Und selbst sortiert seien dunkle Fasern nur schwer zu vermarkten.“

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Quelle: N24/ Jana Schmidt, Matthias Ludwig

Beim rheinland-pfälzischen Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten (MUEEF) rudert man inzwischen zurück – jedenfalls, was die Weinflaschen betrifft. Eine Sprecherin nennt ein mögliches Pflichtpfand für Weinflaschen eine „mutwillige Fehlinterpretation“. „Der Antragstext zielte nicht auf Weinflaschen ab.“

Einem solchen Antrag habe man nicht zugestimmt und werde man in Zukunft auch nicht zustimmen. Es gehe lediglich darum, bestehende Unstimmigkeiten aus dem Weg zu räumen, etwa, dass auf Saftdosen oder Smoothies kein Pfand erhoben werde, auf Cola-Dosen aber sehr wohl.

Bund will Wiederverwertungsquote steigern

Das Bundesumweltministerium hat sich auf Nachfrage nicht geäußert. Dort wird das vom Bundesrat zurückgewiesene Gesetz nun überarbeitet, ehe es Anfang März zur Lesung in den Bundestag kommt. Ob die angeregten Änderungen übernommen werden, hängt von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ab. Falls nicht, kann der Bundesrat noch mal einschreiten und den Vermittlungsausschuss anrufen.

Mit dem Verpackungsgesetz will die Bundesregierung das Recycling in Deutschland verbessern. So wird zum Beispiel die Quote für die Wiederverwertung von Kunststoffverpackungen bis zum Jahr 2022 deutlich erhöht: von bislang 36 Prozent auf dann 63 Prozent. Bei Glas, Papier und Metall soll die entsprechende Quote sogar bei 90 Prozent liegen.

Zudem plant die Bundesregierung die Einführung der sogenannten Wertstofftonne, die eine Erweiterung der bisherigen gelben Tonne ist, weil neben Verpackungen auch sogenannte stoffgleiche Nichtverpackungen darin landen sollen, also Metall und Kunststoffe, die kein Verpackungsmaterial sind wie zum Beispiel altes Spielzeug oder Töpfe und Pfannen.