Mindestens 36 Tote, fast 150 Verletzte: Drei Selbstmordattentäter schossen am Flughafen Atatürk in Istanbul wahllos um sich. Die Polizei wollte sie noch an der Zündung der Bomben hindern – vergeblich.
Bei einem verheerenden Terroranschlag auf dem Atatürk-Flughafen in der türkischen Metropole Istanbul haben drei Selbstmordattentäter am Dienstagabend mindestens 36 Menschen mit in den Tod gerissen.
– Drei Selbstmordattentäter schossen mit Maschinengewehren um sich, dann zündeten sie ihre Sprengstoffwesten
– Betroffen waren ein Terminal, die Ankunfthalle und ein Parkhaus
– Bislang gibt es 36 Tote und 147 Verletzte, darunter auch Ausländer
– Die türkische Polizei versuchte, die Angreifer zu stoppen
– Hinter dem Attentat wird die IS-Miliz vermutet
– Trotz schwerer Explosionsschäden soll der Flugverkehr weitergehen
Selbstmordattentäter haben eines der wichtigsten Drehkreuze des internationalen Luftverkehrs ins Visier genommen und dabei Dutzende Menschen getötet. Mindestens 36 Menschen starben, als die drei Täter am Dienstagabend am Istanbuler Atatürk-Flughafen um sich schossen und sich dann selbst in die Luft sprengten, wie die türkische Regierung mitteilte. Sie vermutete die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS)hinter dem Anschlag. Justizminister Bekir Bozdag gab die Zahl der Verletzten in der Nacht mit 147 an.
Ministerpräsident Binali Yildirim schilderte bei einem Besuch am Anschlagsort den Hergang der Ereignisse: Die drei Attentäter seien mit dem Taxi am Flughafen angekommen, hätten Maschinengewehre gezogen und um sich geschossen. Danach hätten sie sich selbst in die Luft gesprengt.
Zu dem Anschlag bekannte sich zwar zunächst niemand. Er erinnerte aber an das IS-Attentat auf dem Brüsseler Flughafen im März, bei dem 16 Menschen getötet wurden. In der Türkei gab es in jüngster Zeit mehrere Attentate. Zu einigen bekannte sich die IS-Miliz, gegen die die Türkei mit der US-geführten Allianz kämpft. Zwei Anschläge mit Autobomben in der Hauptstadt Ankara werden kurdischen Extremisten zugeschrieben.
Unter den Opfern waren laut Yildirim auch Ausländer. Dem Auswärtigen Amt in Berlin lagen nach Angaben einer Sprecherin keine Hinweise auf deutsche Opfer vor.
Polizisten versuchten noch, die Attentäter aufzuhalten
Filmaufnahmen von Überwachungskameras dokumentierten dramatische Szenen: Die im türkischen Fernsehen ausgestrahlten Aufnahmen zeigten einen der Attentäter, der im Terminalgebäude zu Boden ging – offenbar getroffen vom Schuss eines Polizisten. Am Boden liegend zündete der Attentäter einen Sprengsatz.
Die Polizei habe versucht, zwei der Angreifer durch Schüsse zu stoppen, bevor sie eine Kontrollstelle in der Ankunftshalle erreichten, teilten die Behörden mit. Doch die Attentäter hätten es dennoch geschafft, ihre Sprengsätze zu zünden.
Der aus Südafrika stammende Paul Roos schilderte den Angriff eines der Attentäter als „wahllose Schießerei”. „Er hat einfach auf jeden geschossen, der ihm in die Quere kam. Er war ganz in Schwarz gekleidet und nicht maskiert.” Roos sagte Reuters, er sei nur 50 Meter entfernt von dem Angreifer gewesen.
Die Augenzeugin Oftah Mohammed Abdullah berichtete gegenüber AFP, der Attentäter habe plötzlich eine Waffe aus der Jacke gezogen. „Dann hat er angefangen, auf Leute zu schießen.” Dabei sei er mit Ruhe vorgegangen: Er sei „wie ein Prophet” durch die Halle gelaufen, sagte Abdullah.
„Es gab eine gewaltige Explosion”, berichtete Ali Tekin, der in der Ankunftshalle auf einen Fluggast wartete. „Es war sehr laut. Die Decke stürzte herab. In dem Flughafen sieht es furchtbar aus.” Eine Frau, die gerade aus Deutschland angekommen war, erzählte, sie habe sich auf den Boden geworfen, als sie die Explosion gehört habe. „Alle sind weggerannt. Überall lagen Körperteile. Alles war voller Blut.”
Die Bilder einer anderen Kamera zeigten einen massiven Feuerball am Eingang zu dem Terminal; die Detonation ließ Flughafenbesucher in Panik davonlaufen. An dem Gebäude entstand beträchtlicher Sachschaden. Der Flugverkehr wurde nach dem Anschlag zeitweise ausgesetzt.
Weltweit wird der Anschlag verurteilt
Regierungschef Yildirim sagte, die Indizien deuteten auf eine Drahtzieherschaft der IS-Miliz hin. Zu Herkunft und Identität der Attentäter machte er zunächst keine Angaben. Die türkische Behörden vermuten den IS hinter mindestens fünf Attentaten in der Türkei; die Miliz bekannte sich bislang zu keiner dieser Taten.
Präsident Recep Tayyip Erdogan rief die internationale Gemeinschaft zu einem gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus auf. In einer in der Nacht veröffentlichten Erklärung des Präsidenten hieß es: „Wenn es den Staaten und der Menschheit insgesamt nicht gelingt, ihre Kräfte zu bündeln und einen gemeinsamen Kampf gegen Terrorgruppen zu führen, dann werden all die Szenarien, vor denen wir uns fürchten, eines Tages Wirklichkeit werden.”
Erdogan rief „insbesondere die Staaten des Westens” auf, „eine harte Haltung gegen den Terror einzunehmen”. Die Türkei werde „ihren Kampf gegen den Terror bis zum Ende führen”, auch wenn sie dafür einen „hohen Preis” zu zahlen habe.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) reagierte erschüttert. „Der Terrorismus hat mal wieder sein hässliches Gesicht gezeigt und unschuldige Menschen in den Tod gerissen”, sagte de Maizière am Mittwoch in Berlin. „Ich bin tief erschüttert über den feigen und brutalen Anschlag am Flughafen von Istanbul.” Er trauere mit den Angehörigen der Opfer und wünsche den Verletzten schnelle Genesung. „Wir werden unseren Kampf gegen den Terrorismus gemeinsam mit unseren Verbündeten mit voller Härte fortsetzen”, betonte er.