Niemand sollte überrascht sein. Der neue US-Präsident Donald Trump hat jetzt ein Dekret unterzeichnet, wonach an der 3200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko eine Riesenmauer gebaut werden soll – als Schutz gegen illegale Einwanderung.

Es war eines der zentralen Wahlkampfversprechen des 70-Jährigen. In einem Interview erklärte er, dass mit der Konstruktion „innerhalb von Monaten“ begonnen werde. Er ließ aber offen, was er konkret darunter versteht. Experten nennen einen Katalog von Schwierigkeiten bei dem Mammutvorhaben.

Eigentlich müsste Trump durch seine Hochhäuser und Hotels in New York oder Las Vegas wissen, mit welchen Problemen große Bauprojekte verbunden sind. Er wuchs in einer Familie auf, in der Architektenpläne zur Tageslektüre gehörten.

Es ist aber ein Riesenunterschied, ob ein Hochhaus in einer US-Metropole gebaut wird oder eine Tausende Kilometer lange Mauer durch Wüstengebiete, über schroffe Gebirge und an Wasserschluchten entlang.

Jetzt geht es um das wohl größte staatliche Bauprojekt der USA seit der Errichtung der Hoover-Talsperre zwischen Nevada und Arizona in den Jahren 1931 bis 1935. Der neue US-Präsident hat versprochen Arbeitsplätze zu schaffen, indem er mehr als 500 Milliarden Dollar in große Infrastrukturprojekte investiert. Die Mexiko-Mauerwäre das wohl spektakulärste Vorhaben.

Grenzzaun im mexikanischen Tijuana
Grenzzaun im mexikanischen Tijuana

Quelle: AP

Über die Kosten des Projektes gibt es die unterschiedlichsten Schätzungen. Bislang ist nämlich keineswegs klar, wie hoch, wie breit, in welcher Baukonstruktion und aus welchem Material die Mauer entstehen soll. Oder wird es in einigen Gebieten doch nur ein Zaun, wie Trump auch schon erklärte? Liegen die Baukosten bei zehn, 25 oder gar noch mehr Milliarden Dollar?

Bei der Frage, wer die Mauer bezahlt, ist Trump zumindest einen Schritt weiter. Während des Wahlkampfs hatte er immer wieder erklärt, dass Mexiko für die Abschottung der USA zahlen müsse. Dies hat die Regierung von Peña Nieto aber wiederholt zurückgewiesen. Trump rechtfertigte das Mammutprojekt wiederum mit den hohen Kosten, die Mexikaner in den USA verursachten: durch illegale Einwanderung, Kriminalität oder Drogen.

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Quelle: N24

Nun zeichnet sich in der Kostenfrage eine Vorschusslösung ab. Der neue US-Präsident kann dabei mit dem finanziellen Rückhalt im Kongress rechnen. Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, sagte in einem Interview, das Parlament werde Gelder für das Mammutprojekt vorstrecken. Kostenschätzungen zwischen acht und 14 Milliarden Dollar würden in etwa zutreffen, sagte Ryan.

Diese Größenordnung bewegt sich aber immer noch deutlich unter der Schätzung von Experten. Bereits im Juli vergangenen Jahres hatten Analysten des US-Finanzinstituts Bernstein in einer Studie vorgerechnet, dass die von Trump im Wahlkampf genannten zehn Milliarden Dollar unrealistisch sind. Wahrscheinlicher seien 15 bis 25 Milliarden Dollar, heißt es.

Die Analysten gehen dabei von einer zwölf Meter hohen Mauer aus. In diesen Kosten stecken aber nicht der jährliche Unterhalt des Bauwerks und andere Sicherungskosten. Trump möchte zudem eine „schöne Grenze“. Eine Betonmauer wäre dann die beste Wahl, heißt es in der Studie.

Sicherheitszaun-Gesetz unter Bush

Die Schätzungen und Kommentare zu den Mauerplänen an der Mexiko-Grenze fangen nicht völlig bei null an. Das Thema einer Abschottung der USA an der südlichen Grenze zu Mexiko bewegt die Politik und auch die Sicherheitsorgane seit über 20 Jahren. Das Thema illegale Einwanderung war bereits 1992 im Präsidentschaftswahlkampf zwischen George Bush und Bill Clinton einer der heiß diskutierten Punkte.

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Die ersten Metallzäune entstanden bereit 1994 unter Ex-Präsident Clinton. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wollten die USA ihre Außengrenzen noch besser schützen. Zu Zeiten von Präsident George W. Bush kam es dann sogar 2006 zu einem „Sicherheitszaungesetz“ für die Grenze zu Mexiko.

Aus dieser Zeit gibt es schon Zaunkosten. Auf über 1100 Kilometern wurden Grenzanlagen für sieben Milliarden Dollar errichtet. Allerdings in unterschiedlichster Methode und unterschiedlich schwer zu überwinden. Teilweise sind es hohe Stahlstreben, teilweise 6,40 Meter hohe und 1,80 Meter tiefe Doppelmetallzäune, teilweise lediglich Autohindernisse, also zu Fuß keine echte Grenze für eine illegale Einwanderung aus dem Süden.

Zu den offenen Kostenfragen gehört, dass für die Mauer auch Grundstücke zugekauft werden müssten. In einigen Regionen müssten eigens für den Bau Straßen errichtet werden. Beim Bau einer Mauer gehe es auch nicht ohne Eingriffe in Naturschutzgebiete.

Auf ein Sonderproblem macht der Chef der Baufirma Marek Construction, Stan Marek, aufmerksam. Danach könnte es zumindest im Bundesstaat Texas an der Grenze zu Mexiko schwierig werden, genügend offiziell angemeldete Bauarbeiter zu finden. „Es gibt einen echten Mangel an rechtmäßig Beschäftigten“, sagt er.

Der Firmenchef deutet damit an, dass es sich Trump nicht leisten kann, Schwarzarbeiter an einer Mammutbaustelle des Staates zu beschäftigen. Das erhöht aber wiederum die Kosten. Zudem sind es an der langen Grenze auch teilweise abgelegene Baustellen, wo nicht jeder gerne arbeitet. Es könnte also sogar einen Mangel an Arbeitskräften für das wohl größte Bauvorhaben der USA geben.

Gedämpfte Erwartungen

Die Bernstein-Analysten vermuten, dass sich eine Trump-Mauer bautechnisch an der Grenzanlage Israels zur Abschottung gegen das Westjordanland orientieren würde. Dort wurde auf 30 Kilometer Länge eine acht Meter hohe Wand aus Betonfertigbauteilen errichtet. Womöglich würden einzelne Bauteile aus Zement in Regionen mit etwas niedrigerer Temperatur vorgefertigt und dann direkt zur Grenze geliefert.

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Quelle: Reuters

Für die Zementindustrie wäre es jedenfalls ein Riesenauftrag. Beispielsweise würde eine zwölf Meter hohe und zwei Meter in die Erde reichende Wand insgesamt 17 Millionen Tonnen Beton und 2,4 Millionen Tonnen Zement benötigen.

Das würde die Nachfrage der US-Zementindustrie um gut einen Prozentpunkt erhöhen. Das erscheint zunächst wenig, ist bei einem sonst üblichen jährlichen Wachstum von vier bis fünf Prozent aber doch erheblich.

Die Bauexperten von Bernstein dämpfen aber die Erwartung, dass eine zusätzliche Trump-Mauer neben den bereits bestehenden Grenzssicherungseinrichtungen schnell errichtet ist. Allein die Planung und der notwendige Kauf von Grundstücken dürften ein bis zwei Jahre dauern, heißt es. Für den Bau selbst seien weitere zwei Jahre zu kalkulieren. Somit wäre die Trump-Mauer eventuell genau dann fertig, wenn eine neue US-Präsidentenwahl ansteht.

https://www.welt.de/wirtschaft/article161562393/Woran-Trumps-Mexiko-Mauer-scheitern-koennte.html