Rote Sneakers, Jogginghosen im Tarnlook und ein mit Fingern geformtes Peace-Zeichen: Im Fußball regiert der Swag. Neben Jerome Boateng steht ein ehemaliger Zweitligaprofi an der Spitze der Bewegung.

Es ist eine schöne Tradition. Seit 1956. Alle sechs Monate veröffentlicht der „Kicker” die Rangliste des deutschen Fußballs. Weltklasse, internationale Klasse, im weiteren Kreis, im Blickfeld – die Redakteure bewerten die Leistung und Entwicklung der Spieler und ordnen sie in die Kategorien ein.

Bei der Beurteilung spielt eine Komponente, die in der Bundesliga längst Einzug gehalten hat, aber keine Rolle – der Swag. Der was? Swag wurde 2011 zum Jugendwort des Jahres gewählt und kommt vom englischen Verb to swagger (prahlen, stolzieren). Wer den Swag hat, ist einfach lässig und besticht durch seine besonders coole Ausstrahlung. Via Twitter und Instagram verbreiten viele Bundesligaspieler ihren Swag. Es ist Zeit für eine etwas andere Top 10 des deutschen Fußballs, die Swag 10.

„Ein Swagger muss vor allen Dingen drei Dinge mitbringen: Rote Turnschuhe, die bestenfalls aussehen wie Astronautenschuhe, irgendwas mit Nieten und eine Hose, die untenrum sehr eng und obenrum sehr weit geschnitten ist. Das ist quasi das ABC des Swags. Peacezeichen seitlich falschrum in die Kamera zeigen, gibt Pluspunkte. Ebenso ein zu langes, eng geschnittenes T-Shirt”, sagt Donnie O’Sullivan.

Er muss es wissen. O’Sullivan ist ein echter Swagperte. Er betreibt die Homepage„elferbolzen.de” und die Facebook-Seite „Fußballer, die den Swag aufdrehen„. Über 50.000 Fans folgen der Seite des Comedian und Autors, liken und kommentieren die Fotos der Fußballer. Mit Vorliebe die von Rolf Feltscher.

Rolf Feltscher

Rolf Feltscher ist der Swag, und der Swag ist Rolf Feltscher. Feltscher hat in den vergangen Jahren den Swag in Deutschland auf ein ganz neues Level gehoben. Die Swagwelt zerfällt in die Zeit vor Feltscher und in das Jetzt. Nun gut, der Venezolaner hat den MSV Duisburg im Sommer in Richtung Spanien verlassen, aber er wird immer Herzen seiner Fans wohnen. Über 43.000 Follower bei Instagram können nicht irren: Die Sneakers mit Nieten, der MCM-Rucksack und die Oben-Ohne-Schnappschüsse im weißen Anzug werden unvergessen bleiben.

„Eines der vielleicht wichtigsten Fotos der Swag-Neuzeit. Bei diesem Foto stimmt einfach alles. Die Haltung, das Outfit, der Blick. Alles sagt: ‘Ich habe Swag.'”, sagt O’Sullivan. Es wirke fast wie ein mittelalterliches Gemälde: „Die Details fallen erst bei genauerem Betrachten auf. Die Nieten auf den Schuhen, welche von den Nieten auf dem Rucksack komplementiert werden, drehen den Swag so sehr auf, das der Verzicht auf ein Oberteil absolut legitim erscheint.”

Kevin Kampl

Kevin Kampl hat Swag von der Sohle bis in die perfekt gestylten Haarspitzen. Und wenn Gel und Haarspray mal leer sind, hilft ein extrem lässiger Hut. Was aussah wie Dreharbeiten zu „Django Unchained” war Kampls legendäres Outfit beim Halbzeit-Interview des Europa-League-Spiels Leverkusen gegen Villareal. In der Pause war im Stadion auf einmal gefühlte Champions League.

Kampl musste nach dem Spiel viel Prügel einstecken, sich sogar via Instagram für seinen Swag rechtfertigen: „Leider schienen die Medien sich gestern weniger für Fußball und das Spiel zu interessieren als für mein Outfit. Ich bin froh tragen zu können was ich will und wo ich will. Ich denke jeder sollte seinen eigenen Weg haben sich auszudrücken und die Art wie ich mich kleide, ist ein Weg mich auszudrücken.” Word.

Jerome Boateng

Rolf Feltscher spielt in einer eigenen Liga. Hinter ihm steht Jerome Boateng an der Spitze der Bewegung. Auch im internationalen Vergleich. „Zur Zeit ist wohl Boateng der größte Swagger. Dicht gefolgt von Mario Balotelli, Paul Pogba und Neymar Jr.”, sagt O’Sullivan. Der Nationalspieler, der in den USA von Superstar Jay Z gemanagt wird, hat seinen Swag zum Geschäft gemacht. Boateng, der über 600 Sneakers besitzt, hat seine eigene Brillenkollektion entworfen und geht modisch einfach steil voran. Kleiner Tipp: Wer gegen ihn „Schere, Stein, Papier” spielt, sollte sich immer für den Stein entscheiden. Der Sieg ist garantiert.

Pierre-Emerick Aubameyang

Warum trägt Aubameyang eine Fellweste? Weil er es kann. Wieso fährt der BVB-Stürmer einen goldenen Lamborghini und trägt goldene Sneakers? Weil es ihm gerecht wird. Fragen nach dem Swag des BVB-Stürmers verbieten sich eigentlich. Und allen, die es immer noch nicht kapiert haben, sendet Aubameyang mit seinem lässigen Trainingsanzug eine klare Botschaft.

David Alaba

Harte Arbeit, ein Abo der Vogue oder einfach nur Talent? Noch ist unklar, wieso einige den Swag haben und andere nicht. Bayerns David Alaba und seine Mutter eröffnen der Forschung mit ihrem Video eine völlig neue Perspektive: Der Swag könnte auch genetisch bedingt sein und von Generation zu Generation vererbt werden.

Karim Bellarabi

Die Uhr angelegt, Aftershave aufgelegt und den Swag aufgedreht – halb zehn in Leverkusen, Karim Bellarabi startet in den Morgen. Schnell noch ein Spiegel-Selfie im Aufzug geschossen und der Tag gehört ihm. Mit so viel Swag kennt der Lift nur eine Richtung: nach oben.

Mitchell Weiser

Der ehemalige Bayern-Spieler gehört einfach in die Swag10. Föhnwelle, stark. Bomberjacke, super stark. Aber den Stiel eines Lutschers lässig im Mundwinkel halten als handele es sich dabei um eine Zigarre – das ist swagtakulär. Mehr geht nicht? Doch. Da steht der 22-Jährige einfach so in Longshirt und Basketball-Shorts auf einem Berliner Dach wie ein einsamer Boy. Um was zu tun? Nach dem Swag des Lebens zu suchen? Wir wissen es nicht. Aber wir sind ja auch nicht in den Swag10 des deutschen Fußballs.

Loris Karius

Wir können nicht sagen, ob Karius als Torwart beim FC Liverpool durchstarten wird. Ganz sicher ist aber, dass er den Swag auf die Insel bringt. Was der ehemalige Mainzer regelmäßig abliefert, ist aus dem Lehrbuch. Longshirt, check. Zerrissene Jeans, check. Wildleder-Boots, check. Sonnenbrille so in den Ausschnitt hängen, dass das Tattoo vorblitzt, doppelcheck. Getopt wird dieser Auftritt nur von Karius selbst. Ein so freches ärmelloses Hemd in rot mit Motten-Printapplikationen zu tragen, das verdient einen Platz im deutschen Swag-Olymp.

Eric-Maxim Choupo-Moting

Wer im Vor- und Nachnamen einen Doppelnamen trägt, beginnt das Leben bereits auf einem Swag-Level, das viele niemals erreichen werden. Eric-Maxim Choupo-Moting ruht sich auf diesem Vorsprung aber nicht aus. Ob Camouflage-Jacke beim Aufzug-Selfie oder Mittelfinger-Pose mit Rapper-Pulli, der Schalke-Stürmer zieht alle Register. Widerstand ist da swaglos.

Kingsley Coman

Wer sich regelmäßig in einfarbigen Jogging-Kombos ablichten lässt, die Finger dabei zur obligatorischen Schere geformt, hat Swag. Wer dann noch den kleinen dünnen Padawan-Zopf junger Jedi-Ritter vom Star-Wars-Universum in die reale Welt überführt, hat die Macht. Wer dann aber obendrein noch bunte Perlen ans Zöpfchen klebt und eine MC-Hammer-Gedächtnisfrisur mit blondierten Spitzen trägt, wird selbst zur Macht. Wir verneigen uns vor Kingsley Coman. Möge der Swag stets mit ihm sein.