Donald Trump behauptet gern, er werde mit Putin bestens auskommen, da man einander gegenseitig respektiere. Vizepräsident Biden hingegen befürchtet, Trump werde ahnungslos Moskaus Geschäft erledigen.
Donald Trumps Körpersprache ist die des starken Mannes. Mit studierter Langsamkeit, das Kinn gereckt, schreitet er dahin, und die Botschaft ist klar: Hier kommt der Boss. Kein Wunder, dass ihn andere Männer dieses Schlags nicht gleichgültig lassen, und sei es nur, um sich mit ihnen zu messen. Zu ihnen zählt Wladimir Putin. Trump hat vor einiger Zeit schon gesagt, er werde mit dem Kreml-Herrn bestens auskommen, sei er erst Präsident.
Noch kein Trump-Tower
Der republikanische Präsidentschaftskandidat hat kürzlich gesagt, er habe keinerlei Investitionen in Russland getätigt. Es ist bekannt, dass Trump durch die Jahre verschiedentlich versucht hat, in Moskau einen Trump-Tower zu errichten. Daraus ist bis heute nichts geworden. Somit wirkt der manchmal geäusserte Verdacht mit Blick auf Putin wenig begründet, Trumps Übertritt vom Immobiliengeschäft in die Politik sei mehr Business als ein Akt der Überzeugung.
Trump schätzt laut eigener Aussage Putin als «strong leader», wobei er diese Bewertung explizit aufrecht erhielt, nachdem er auf dessen repressive Politik angesprochen worden war. Putin erwiderte das Kompliment, indem er Trump als gescheit und talentiert bezeichnete. Die beiden haben einander laut Trump aber nie getroffen. Trump glaubt, Putin respektiere ihn, anders als Präsident Obama oder Hillary Clinton.
Berater mit Erfahrung
Im Team von Trump befinden sich zwei Leute mit langjährigen Beziehungen nach Russland und in dessen Nachbarschaft, die Ukraine und Zentralasien. Der Leiter der Kampagne von Trump, Paul Manafort,arbeitete lange für Victor Janukowitsch, den einstigen Präsidenten der Ukraine und einem Verbündeten Putins. Ein anderer Mitarbeiter, Carter Page, ist ein Investment-Banker, der unter anderem mit Gazprom in Verbindung steht. Page hält seine Erfahrung im Geschäft mit russischen Tycoons für eine bessere Voraussetzung, das Land richtig einzuschätzen, als eine akademische Karriere in einem Think Tank.
Carter zählt nun zu den aussenpolitischen Beratern von Trump. Laut Presseberichten litt das Geschäft von Page, als die USA Sanktionen gegen Russland wegen dessen Annexion der Krim und der Intervention in der Ukraine verhängten. Wenn schon nicht Trump, hätte zumindest Carter potenziell ein direktes finanzielles Interesse daran, mit Russland ein besseres Auskommen zu finden.
Trump und Putins Traum
An einer Pressekonferenz am Mittwoch in Florida sagte Trump, er würde Putin «streng» behandeln. Doch wolle er erreichen, dass Russland mit Amerika freundschaftlich umgehe. Wäre es nicht grossartig, fragte Trump rhetorisch, wenn die beiden Länder zusammen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat vorgingen und die Terroristen besiegten? Zu jenen, die nicht an eine solch rosige Zukunft unter Trump glauben, zählt Vizepräsident Joe Biden. In einem Interview sagte Biden am Mittwoch, er sehe die Gefahr, dass Trump aus schierer Ahnungslosigkeit Putins Traum verwirkliche, die Nato zu zerschlagen. Trump hatte vor einiger Zeit gesagt, die nordatlantische Allianz sei obsolet.
Kürzlich ging der Präsidentschaftskandidat noch weiter, indem er sich in einem Interview mit der «New York Times» faktisch vom Kern des Bündnisses lossagte. Demnach würde er im Falle eines Angriffes auf ein Nato-Land nur dann mit amerikanischen Truppen beispringen, wenn dieses Land in seinem Urteil zuvor alle Verpflichtungen erfüllt hätte. Dies widerspricht dem Artikel V des Nato-Vertrages, wonach ein Angriff auf ein Mitgliedland einen Angriff auf alle Mitglieder bedeutet.
Biden sagte am Mittwoch sarkastisch, die Wählerschaft brauche nicht zu wissen, was der Artikel V sei – ein Kandidat für die Präsidentschaft Amerikas hingegen schon. Biden fügte hinzu, jede Politikerin und jeder Politiker, die er irgendwo in der Welt treffe, frage ihn besorgt, ob es den Amerikanern mit Trump wirklich ernst sei.
Putins Mann in Washington?
B. A. Washington ⋅ An einer Pressekonferenz hat Donald Trump am Mittwoch gesagt, er wisse nicht, wer hinter dem Diebstahl von E-Mails der Demokratischen Partei stecke. Wahrscheinlich seien es die Russen oder die Chinesen gewesen. Falls Russland zuhöre: Russland solle doch auch die rund 30’000 Mails heraus rücken, die aus Hillary Clintons Jahren als Aussenministerin fehlen. Das war wohl ironisch gemeint, wurde aber weitherum als eines Präsidentschaftskandidaten unwürdig empfunden.
Der Diebstahl war laut privaten Firmen im Geschäft elektronischer Sicherheit das Werk zweier russischer Geheimdienste, die unabhängig von einander und sogar ohne gegenseitiges Wissen operiert hätten. Das FBI hält diese Zuschreibung für wahrscheinlich, hat sich aber nicht öffentlich festgelegt. Die amerikanische Regierung hat in früheren Fällen des Hackens von amtlichen Servern zwar durchsickern lassen, wen sie für verantwortlich hielt – etwa China oder Nordkorea –, aber nie öffentlich eine Beschuldigung geäussert.
Laut gängiger Interpretation schadet die Publikation inkriminierender Mails Clinton und fördert Trumps Aussichten auf einen Wahlsieg. Gemäss der «New York Times» hat der einstige Kopf von WikiLeaks, Assange, eine persönliche Abneigung gegen Clinton. Er soll darauf hingewirkt haben, die Mails zu einem Zeitpunkt zu veröffentlichen, der für Clinton besonders schlecht sei. Es geschah unmittelbar vor dem Beginn des Parteikongresses, wo Clinton am Dienstag als Kandidatin nominiert worden ist.
Die Mails belegen, dass die Spitzen der Partei Clintons Herausforderer Sanders aktiv benachteiligten. Trump hatte stets behauptet, der Wahlprozess unter Demokraten sei zugunsten von Clinton manipuliert. Er lud die Anhängerschaft von Sanders ein, in sein Lager überzutreten. Die Veröffentlichung der Mails wird von vielen als ein Versuch von Putin gesehen, den amerikanischen Wahlkampf zu beeinflussen. Dies ist insofern zweifelhaft, als die Attacken auf den Server der Demokraten vor rund einem Jahr begannen. Damals schien es laut verbreiteter Einschätzung fast unmöglich, dass Trump die Kandidatur der Republikaner erringen könnte.
Ungewiss ist auch, ob der Skandal um die Mails Trump tatsächlich nützt. Es ist ebenso möglich, dass es Clinton gelingt, ihren Gegner als den Mann Putins in Washington oder dessen nützlichen Idioten darzustellen. Derlei könnte sogar für Trump nachteilig sein, obwohl dessen Sieger-Image gegen Eintrübungen aller Art immun zu sein scheint.
Trump führt erstmals in Umfragen
lma. ⋅ Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat sich in landesweiten Umfragen erstmals vor seine voraussichtliche Konkurrentin Hillary Clinton gesetzt. Laut der unabhängigen Website von Real Clear Politics, welche verschiedene Umfragen gewichtet, führt Trump nun in Wähler-Befragungen mit 45,7 Prozent versus Clintons 44,6 Prozent. Experten erklären dies mit dem sogenannten «Convention bump», also dem Aufschwung, den ein Kandidat unmittelbar nach seinem Parteikonvents erhält, während dem er im nationalen Fokus stand. Doch unabhängig von der Erklärung ist es das erste Mal seit dem Beginn der Umfragen vor gut einem Jahr, dass Trump Clinton eindeutig bei Wähler-Befragungen überholt hat.
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