Cristiano Ronaldo war Portugals tragische Figur beim Remis gegen Österreich. Der Superstar vergab einen Elfer und etliche Chancen. Seine beste Szene hatte er allerdings erst nach Abpfiff.

Der neue BVB-Spieler Raphael Guerreiro machte den Balljungen. Artig brachte erseinem Kapitän Cristiano Ronaldo die Kugel, damit dieser zehn Minuten vor dem Ende der Vorrundenpartie gegen Österreich tun konnte, wozu er zu diesem Turnier gekommen ist: Tore schießen. Welche bessere Gelegenheit könnte es dazu geben als einen Elfmeter?

Doch Ronaldo scheiterte. Nicht an Torwart Robert Almer, der ihm zuvor mehrfach im Weg gestanden hatte. Sondern am linken Torpfosten im Pariser Prinzenpark-Stadion, der zum Sinnbild für den schwarzen Abend des Superstars der Portugiesen wurde. „Der Elfmeter hätte bedeutet, dass wir wahrscheinlich nach Hause fahren.”, sagte Österreichs Trainer Marcel Koller. „Wir sind glücklich, dass er verschossen hat”, sagt der österreichische Verteidiger Sebastian Prödl.

Cristiano Ronaldo war die tragische Figur beim 0:0 gegen Österreich, dem zweiten enttäuschenden Ergebnis für den Mitfavoriten auf den EM-Titel. Dabei hatte der Torjäger eigentlich eine starke Leistung abgeliefert. Eine, die der historischen Bedeutung durchaus angemessen war. Das Duell mit Österreich war sein 128. Auftritt im portugiesischen Dress, damit löste er Luis Figo als Rekordnationalspieler seines Heimatlandes ab. Der große Figo saß auf der Ehrentribüne und drückte die Daumen – vergeblich.

Ronaldo hatte allen Grund, nach Abpfiff den Platz frustriert zu verlassen. Aber seine beste Szene hatte er nach dem Spiel. Ein Fan sprang von der Tribüne in den Innenraum und rannte über den halben Platz auf Ronaldo zu, um mit dem Superstar ein Selfie zu machen.

Obwohl die Ordner den Störer bereits eingekreist hatten, nahm sich der neue Rekordnationalspieler die Zeit für den Fan. Er wartete sogar geduldig, als der aufgeregte Anhänger das Fotoprogramm seines Handy nicht in Gang bekam.

Der Superstar wehrte die Sicherheitskräfte demonstrativ mit ausgestreckter Hand ab. Nachdem der Fan sein Selfie geschossen hatte, gab er Ronaldo noch einen Kuss auf die Wange. Der zeigte diesmal also ein ganz anderes Gesicht als noch gegen Island. Nach dem 1:1 am vergangenen Dienstag hatte Ronaldo den Trikottausch mit seinem Gegenspieler verweigert und dafür viel Kritik eingesteckt.

Österreichische Fans verhöhnen Ronaldo

Ronaldo war gegen Österreich der Dreh- und Angelpunkt des portugiesischen Spiels. Nimmermüde kurbelte er die Angriffe seiner Mannschaft an und glänzte diesmal sogar als Vorbereiter. Doch Nani konnte die Vorlagen des Real-Stars nicht verwerten. Ronaldo selbst entwickelte ebenfalls viel Torgefahr, deutlich mehr als noch gegen Island.

Immer wieder feuerte er aus der zweiten Reihe gefährliche Linksschüsse ab. Gleich drei dieser Geschosse entschärfte der bärenstarke Almer. Der stand mal Energie Cottbus und Hannover 96 zwischen den Pfosten – am Samstag wurde er zum Alptraum von Cristiano Ronaldo.

Mit jeder vergebenen Torchance wuchs der Frust beim 31-Jährigen. Er begann zu lamentieren und mit seinen Nebenleuten zu schimpfen. Zu allem Überfluss musste er sich mit fortlaufender Spielzeit auch noch laute „Messi! Messi!”-Gesänge der österreichischen Fans anhören.

In der 85. Minute verstummten die rot-weiß-roten Anhänger für einen Moment. Ronaldo hatte den Ball ins Netz geköpft, der portugiesische Fanblock jubelte schon. Doch Schiedsrichter Nicola Rizzoli verweigerte dem Tor die Anerkennung, Ronaldo hatte im Abseits gestanden. Es passte irgendwie zu seinem Abend.

„Wir hatten viele Chancen, haben aber nicht getroffen. Wir konnten die Räume nutzen, aber es hat nicht zum Sieg gereicht. Jetzt haben wir ein Finale vor der Brust. Wir müssen uns darauf konzentrieren, das nächste Spiel zu gewinnen”, sagte Portugals Trainer Fernando Santos.

Hier finden Sie den Spielplan zur Fußball-EM 2016 mit allen Gruppen & Terminen in der Übersicht.

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