Nicht alle sunnitischen Staaten setzen auf den Sturz Asads – vor allem aber Saudiarabien, Katar und die Türkei. Ihre Gründe, den bewaffneten Aufstand zu unterstützen, variieren stark.
Kann man sich einen unwahrscheinlicheren Vorkämpfer für Freiheit und Demokratie vorstellen als Saudiarabien? Das absolutistisch regierte Königreich betrachtete die Welle der Proteste, die 2011 die arabische Welt erfasste, mit grösster Sorge und tat alles dafür, die autoritären Herrschaftssysteme in der Region um jeden Preis zu erhalten. Nur in Syrien änderte sich der Blickwinkel: Im möglichen Sturz des proiranischen Asad-Regimes erkannten die Saudi eine einmalige Chance, den Einfluss ihres Erzrivalen Iran in der arabischen Welt zu schwächen. Dass sich Riad also früh hinter den als Demokratiebewegung begonnenen Aufstand der Syrer stellte, hatte weniger mit dem syrischen Volk, dafür umso mehr mit dem saudisch-iranischen Konflikt um die Vorherrschaft im Nahen Osten zu tun.
Verhinderte Gasgeschäfte
Dabei sieht sich Saudiarabien schon aus religiösen Gründen legitimiert, in dem Bürgerkrieg mitzumischen. Das Königreich verweist gerne auf seine selbst behauptete Rolle als Schutzmacht der Sunniten, zu denen auch die meisten Aufständischen in Syrien zählen. Zusammen mit dem kleinen Golfstaat Katar gehört Riad so zu den grössten finanziellen Sponsoren sunnitisch-syrischer Rebellengruppen. Zusätzlich halfen auch die Vereinigten Arabischen Emirate aus, etwa bei der Aufrüstung der islamistischen Rebellenallianz Jaish al-Fatah (Eroberungsarmee).
Laut der «Financial Times» soll allein Katar in den ersten beiden Kriegsjahren bis zu drei Milliarden Dollar in die Revolte «investiert» haben. Den Zwergstaat mit den drittgrössten Erdgasvorkommen der Welt treiben noch weitere Motive: Er würde gerne eine Pipeline bauen, die katarisches Gas auch über Syrien nach Westeuropa leiten soll. Da sich Asad gegen das Projekt sperrt (es würde den Russen Konkurrenz machen), sähe Katar lieber ein ihm genehmeres Regime in Damaskus an der Macht; eines, das sich vor allem aus den Reihen der syrischen Muslimbruderschaft zusammensetzt.
Dieses Interesse teilt auch die Türkei unter Recep Tayyip Erdogan. Sie sässe am anderen Ende der Pipeline, sie steht den Muslimbrüdern ideologisch nahe, und sie hat wohl auch aus ehrlicher Empörung über das brutale Vorgehen des syrischen Regimes gegen die eigene Bevölkerung mit dem früheren Freund Asad gebrochen. Als Gastgeberin des oppositionellen Syrischen Nationalrats machte sich die Türkei schon früh zur Konfliktpartei. Sie unterstützte aber nicht nur die gemässigten Rebellen der Freien Syrischen Armee, sondern liess auch salafistischen Kämpfern Waffen zukommen, schleuste gezielt Jihadisten über die Grenze und liess die längste Zeit den Islamischen Staat gewähren – die Terrormiliz versprach schliesslich, Syriens Kurden im Norden des Landes aufzureiben. Die türkische Syrien-Politik zielt eben nicht nur auf einen raschen Regimewechsel in Damaskus. Sie will vor allem einen weiteren De-facto-Kurdenstaat in ihrer Nachbarschaft verhindern. Besonders erfolgreich war Ankara allerdings in beiden Punkten nicht.
Türkisch-saudischer Einsatz?
Frustriert müssen die drei Hauptgegner Asads in der Region heute zur Kenntnis nehmen, dass mit Aleppo die wichtigste Bastion der Rebellen vor dem Fall stehen könnte und der Despot wieder fester im Sattel sitzt denn je. Die Einigung der zerstrittenen syrischen Opposition, die bei den Friedensgesprächen in Genf mit starker Stimme sprechen sollte, zahlte sich auch nicht aus. Obwohl die Türkei und Saudiarabien seit einiger Zeit mit dem Einsatz eigener Bodentruppen drohen, erscheint dieser Schritt angesichts der hohen Risiken sehr unwahrscheinlich. Mehr noch als in Jemen müssten sich die Saudi in Syrien auf hohe Opfer, astronomische Kosten und breitesten Widerstand einstellen. Bei den Türken wiederum bremst die eigene Militärspitze Erdogan vor Alleingängen im Nachbarland.
http://www.nzz.ch/international/nahost-und-afrika/asads-sunnitische-gegner-mit-geld-gott-und-granaten-ld.18463